Expo in Shanghai: Jede ortsansässige Familie bekommt ein Ticket gratis.

 

 

Foto: miriam sailer

Die Expo 2010 ist eine Großveranstaltung wie sie in Shanghai bis dato einmalig ist. Das machte schon die Eröffnungsfeier deutlich: Stars und Sternchen, Regierungschefs aus aller Welt auf dem roten Teppich und ein atemberaubendes Feuerwerk. Die Weltausstellung soll genau so atemberaubend und großartig werden. Wenn es nach den Organisatoren geht.

Praktisch stehen da einige Probleme im Weg. Die erwarteten Besucherzahlen zum Beispiel. 70 Millionen sollen es mindestens sein, möglicherweise werden bis zu 110 Millionen Menschen kommen. Zum Vergleich: Ganz Österreich wurde im Rekordjahr 2008 von nur 32 Millionen Touristen besucht. Wenn man sich noch vor Augen führt, dass diese riesigen Besuchermengen innerhalb eines halben Jahres alle in das gleiche, vergleichsweise kleine Gelände wollen, wird klar, wo das Problem liegt.

Es ist allerdings ein hausgemachtes Problem. Denn: die hohen Besucherzahlen sind politisch gewollt und werden von offizieller Seite unterstützt, etliche Firmen verschenken Tickets an ihre Angestellten und viele Schulklassen aus der näheren und weiteren Umgebung werden einen Ausflug zur Expo machen. Von außerhalb Chinas werden nur etwa fünf Millionen Besucher erwartet.

Zu kleine Mülleimer

Vor dem offiziellen Beginn der Weltausstellung wurde das Gelände probehalber mehrere Tage geöffnet und bereits da zeigte sich, dass die Besucherzahlen zu allerhand Schwierigkeiten führen würden. Zu klein geratene Mülleimer quollen über und Essensstände waren bereits Mittags ausverkauft und bekamen den ganzen Tag lang keinen Nachschub. Und an den Eingängen und vor manchen Pavillons wartete man stundenlang.

Daraus wurden bereits Konsequenzen gezogen. Der chinesische Pavillon ist nur noch mit einem speziellen Ticket zu besichtigen. Und ein Heer von organisierten Freiwilligen ist unterwegs um die erhitzten Gemüter der Wartenden zu besänftigen und jederzeit den Weg zur nächsten Toilette zu weisen.

Die Freiwilligen sind dabei keine spontane Maßnahme sondern von langer Hand geplant. Angeworben über Universitäten, Schulen und ganz reguläre Werbung bereichern sie in ihren bunten Jacken seit dem Beginn der Expo als farbenfrohe Tupfer das Stadtbild. Sie werden von der Regierung unterstützt: Studenten bekommen anlässlich des Expobeginns zwei Wochen für die Freiwilligenarbeit frei. Busse werden organisiert und Essensgutscheine werden zur Verfügung gestellt. Trotzdem ist der Andrang auf die Freiwilligenarbeit nicht sehr groß. Gerade Studenten ziehen es vor, in den zwei Wochen ein Praktikum zu machen oder für ihr Studium zu lernen. Die Arbeit für die Expo ist im Vergleich vor allem anstrengend und wenig interessant.

Dennoch sind die meisten Freiwilligen jung. Sie wurden nicht zuletzt wegen ihrer Englischkenntnisse ausgesucht, die bei älteren Menschen in China eher selten sind. Da aber „nur“ fünf Millionen ausländische Besucher erwartet werden, sind auch einige ältere Leute unter den Freiwilligen. Jung und alt stehen seit dem ersten Mai geduldig an U-Bahnstationen, Bushaltestellen und markanten Plätzen und helfen so gut sie können bei allen Problemen mit und um die Expo.

77.000 Freiwillige arbeiten bis zu sechs Monate lang

Etwa 77.000 Freiwillige werden von Mai bis Oktober ihren Dienst für die Expo verrichten. Der größte Teil ist nur für zwei Wochen verpflichtet. Vor allem in professionellen Bereichen eingesetzte Freiwillige arbeiten allerdings zwischen drei und sechs Monaten. Sie werden dann zum Beispiel im internationalen Broadcasting Center eingesetzt. Zheng Wen, 24 und Doktorandin der Journalistik ist so eine Freiwillige und sie war zunächst etwas enttäuscht. Denn eigentlich hatte man ihr und ihren Freunden angekündigt, dass die Arbeit auch Verantwortung beinhalten würde.

Es kam dann aber anders. Zheng Wen und ihre Freunde sind jetzt vor allem dafür zuständig, Journalisten bei den Formalitäten zu helfen, die diese für eine Arbeitserlaubnis brauchen. Das ist eintönig, aber anstrengend, besonders im Fall ausländischer Kunden. Die sind nur selten mit den chinesischen Gesetzen vertraut und ecken entsprechend oft an. Zheng muss dann die Wogen glätten und bei dem Ausfüllen der vielen Formulare helfen. „Es ist anstrengende Arbeit und nicht das, was ich zunächst erwartete hatte,“ so Zheng Wen. „Ich hatte erwartet, dass ich eher Berichte über die Expo machen würde. Aber eigentlich ist es auch wieder gut so. Denn wir übernehmen keine Verantwortung. Ich habe inzwischen gemerkt, dass es auch ohne uns Freiwillige gehen würde. Aber weil wir da sind, geht alles ein bisschen runder und ein bisschen schneller. Und das ist eine gute Sache.“

Zheng Wen wird von der Expo profitieren, denn sie arbeitet neben ihrer Freiwilligentätigkeit für eine große Zeitschrift und hilft dort bei der Expoberichterstattung. Und Shanghai, so meint Zheng Wen wird auch profitieren. Erstens Zheng zuversichtlich, dass die Startschwierigkeiten bald überwunden sind. Und zweitens sind da noch die vielen neuen U-Bahnlinien, die extra für die Weltausstellung gebaut wurden. Für die ganz normalen Leute sind sie definitiv das beste, findet Zheng Wen. Sobald die Expo vorbei ist und die Linien nicht mehr ständig überfüllt sind. (Miriam Sailer, derStandard.at, 6.5.2010)