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Eine Seilbahn sollte das Hauptbahnhofgelände erschließen, nun will der Planungsstadtrat davon nichts mehr wissen.

Foto: APA/Warmuth

Wien - Ohne übergeordneten Plan gezielt am neuen Bahnhof vorbei: Der Rechnungshof übt im aktuellen Bericht zum Großprojekt Hauptbahnhof heftige Kritik an der Wiener U-Bahn-Planung. "Die Anbindung des Hauptbahnhofes an das U-Bahn-Netz wurde von der Stadt Wien nicht als vorrangiges Ziel verfolgt; vielmehr stand für die Linienführung der U2-Süd die Erschließung dreier Stadtentwicklungsgebiete im Vordergrund" , schreiben die Prüfer.

Gleichzeitig fehle nach 40 Jahren U-Bahn-Planung "noch immer eine systematische Zusammenstellung von Planungsgrundsätzen" . Der Rechnungshof empfiehlt deshalb, "klare Kosten- und Wirksamkeitskriterien zu definieren und den kommenden Ausbauvorhaben zugrunde zu legen" .

Mehr auf die Kosten zu schauen wäre auch bei der Errichtung der technischen und sozialen Infrastruktur für das Gebiet um den neuen Bahnhof am Wiedner Gürtel angebracht. Die Stadt veranschlagte dafür ursprünglich 174 Millionen Euro, in den letzten zwei Jahren erhöhte sich die Summe mit 310 Millionen auf mehr als das Doppelte. Man müsse künftig auf vollständige und realistische Kostenschätzungen achten, sagt der Rechnungshof.

Im Büro von Planungsstadtrat Rudolf Schicker (SP) kann man sich die Zahl nicht erklären, "da fehlen uns die Quellenangaben" . Allerdings nimmt der Projektkoordinator der Stadt im Bericht ausführlich Stellung zu den Mehrkosten im technischen Bereich: Preissteigerungen imStraßenbau und die Erweiterung der Straßenausbauflächen seien dafür verantwortlich.

Für den neuen Bahnhof samt dazugehörigem Stadtviertel waren ursprünglich 1,072 Milliarden veranschlagt, inzwischen werden die Kosten auf 1,199 Milliarden geschätzt. Viel teurer als erwartet wird auch der sogenannte Automated People Mover, eine Standseilbahn, die den Bahnhof mit den Wohn- und Bürohäusern dahinter verbinden soll. DerRechnungshof geht in seinem Bericht noch von 25 Millionen für das neue öffentliche Verkehrsmittel aus und bewertet es im Vergleich zu Bim und Bus als zu kostenintensiv.

50 statt 25 Millionen

Ein Anbieter für so eine Bahn stehe außerdem in gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zu einer Gesellschaft, die bereits einen Kaufvertrag über den Erwerb eines Baufelds auf dem Hauptbahnhofgelände abgeschlossen hat.

Inzwischen ist klar, dass der Automated People Mover nicht die vomRechnungshof bereits als zu teuer eingestuften 25 Millionen Euro, sondern 50 Millionen kosten wird. Laut Planungsstadtrat Schicker habe man den Automated People Mover für den Hauptbahnhof aber ohnehin "nie gebraucht" - der Ball liege diesbezüglich bei ÖBBund Immorent.

Dabei hat Bürgermeister Michael Häupl (SP) bei einer Pressekonferenz vor etwa einem Jahr versichert, die Standseilbahn werde kommen - und die Stadt werde dafür auf jeden Fall Geld locker machen. Die Opposition fühlt sich in ihrer Kritik am Projekt Hauptbahnhof jedenfalls bestätigt. Die VP will einen runden Tisch, um die Direktanbindung der U2 an den Hauptbahnhof neu zu diskutieren, die Grünen fordern Infrastrukturministerin Doris Bures (SP) auf, beim Automated People Mover "die Reißleine zu ziehen". (Martina Stemmer/DER STANDARD-Printausgabe, 11.5.2010)