Wien  - Die Arbeiterkammer (AK) ortet Verbesserungsbedarf für die Zuverdienstregelungen beim Kinderbetreuungsgeld. Dass diese seit Jahresbeginn flexibler sind, sei zwar ein "Fortschritt" und werde begrüßt, erklärte Ingrid Moritz, Leiterin der Abteilung Frauen und Familien in der AK.

Mit Anfang 2010 wurden zu den drei Kindergeldvarianten zwei neue - unter anderem das einkommensabhängige Kindergeld - eingeführt. Mit dieser Reform änderten sich auch teilweise die Regelungen für den zulässigen Zuverdienst während des Kindergeldbezugs, die in den vergangenen Jahren ob ihrer Komplexität oftmals für Diskussionen und Kritik gesorgt hatten. Nunmehr liegt die Zuverdienstgrenze bei der einkommensabhängigen Variante bei 5.800 Euro pro Jahr, bei den vier Pauschalvarianten beträgt sie 16.200 Euro pro Jahr oder, wenn gewünscht, 60 Prozent des letzten Einkommens. Wer mehr dazuverdient, muss das Kindergeld teilweise zurückzahlen.

Berechnung durch "Lohnsteuerbemessungsgrundlage" schwer zu definieren

Die Berechnung der Grenze erfolgt allerdings nicht nach dem Brutto- oder Nettoeinkommen, sondern nach der sogenannten Lohnsteuerbemessungsgrundlage (siehe eigene Meldung) - ein Begriff, der "sehr schwierig" zu definieren sei, kritisierte Moritz. Mit der Flexibilisierung sei die Zuverdienstgrenze nicht weniger kompliziert geworden, meinte auch AK-Rechtsberaterin Hermin Karout, "im Gegenteil": In der Beratung von Eltern bemerke man, dass diese oft überfordert seien - man müsse quasi fast ein Steuerberater sein, um mit dem komplexen Begriff etwas anfangen zu können.

AK schlägt "Arbeitszeitgrenze" vor

Eine leichter verständliche und "bessere Lösung" für den Zuverdienst wäre für die AK nach wie vor eine Arbeitszeitgrenze: Nach diesem Modell soll es möglich sein, 24 Stunden pro Woche, unabhängig vom Verdienst, neben dem Kindergeldbezug zu arbeiten, so Moritz. Gerade gut qualifizierte Arbeitskräfte könnten nämlich derzeit weniger Stunden arbeiten, weil sie pro Stunde mehr verdienen - dies könne aber beim Wiedereinstieg zum Nachteil werden, gibt die Expertin zu bedenken. Die nächsten Schritte müssten jedenfalls sein, sich Gedanken zu machen, was an Vereinfachung möglich wäre.

Die Zuverdienstgrenzen überhaupt abzuschaffen, "kann man mitdenken", meinte Moritz auf eine entsprechende Frage. Wenn, müsse man sich das aber "umfassend und gesamthaft" überlegen und außerdem auf Finanzierungsmöglichkeiten und Väteranreize achten. Verbesserungsbedarf sieht die AK jedenfalls auch bei den Zugangskriterien zum einkommensabhängigen Kindergeld, die derzeit zu "streng" seien: Gerade wegen der Wirtschaftskrise könne es etwa auch Eltern, die jahrelang gearbeitet hätten, durch zwischenzeitliche Arbeitslosigkeit passieren, dass sie die Voraussetzung, mindestens die letzten sechs Monate vor der Geburt erwerbstätig gewesen zu sein, nicht erfüllen. Notwendig sei es weiters, noch bestehende Barrieren für die Väterbeteiligung abzubauen und den Ausbau der Kinderbetreuung zu forcieren.

Auch Opposition pocht auf Reformen

Die Opposition hat sich am Donnerstag in Aussendungen ebenfalls für eine Reform des Kindergeldes ausgesprochen.  "Die Einführung einer Arbeitszeitgrenze beim Zuverdienst wäre für Eltern die weitaus sinnvollere, weil familien- und wiedereinstiegsfreundlichste Lösung", sagte Familiensprecherin der Grünen, Daniela Musiol.

Der Reformbedarf beschränke sich jedoch nicht nur auf die Zuverdienstgrenze, sondern auch die von der AK angeführte Voraussetzung des durchgängigen Verdienstes über 6 Monate beim einkommensabhängigen Kindergeld sei zu überdenken. Denn zufällig zum Zeitpunkt vor der Geburt entstehende Arbeitslosigkeit dürfe nicht zu weiteren Verschärfungen für die Familien führen.

Zudem seien die Diskriminierungen für Alleinerziehende - "welche dieses Gesetz nach wie vor zahlreich enthält, etwa die unterschiedliche Bezugsdauer oder die unterschiedlichen Zuverdienstgrenzen beim Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld - endlich zu beseitigen", so die Grüne-Familiensprecherin. Dieselbe Dikriminierung sieht auch die FPÖ-Familiensprecherin Anneliese Kitzmüller. Der "Ausweg aus dieser Diskriminierung" könne jedoch nicht eine Sonderlösung für Alleinerzieherinnen sein, sondern eine alle Bezieher umfassende Regelung.

BZÖ und FPÖ für Abschafffung der Zuverdienstgrenze

BZÖ und FPÖ sprachen sich zudem für eine Abschaffung der Zuverdienstgrenze aus. "Der Zugang zu Leistungen für Familien ist kompliziert, schwierig und bürokratisch", kritisierte sie. Durch die nunmehr fünf Kindergeld-Modelle werde die Angelegenheit für die Eltern immer komplizierter.(APA)