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Neuseeland und Pop - da kommt einiges zusammen, das die Äuglein fluten lässt. Hauptverantwortlich dafür ist seit 1981 ein Label, das so heißt, als sei es von Monty Python gegründet worden: Flying Nun Records. Dieses Kraftzentrum verlegte Alben von herrlichen Ein- und Mehrtagsfliegen wie The Clean, The Verlaines, The Bats, dem Jean Paul Sartre Experiment, The Sneaky Feelings, den Stars des Labels, The Chills, und jene des großen Verrückten dieser Insel rechts von Australien, das von mehr Schafen als Menschen bewohnt wird: Chris Knox, heilig! Apropos Schafe: Roger Sherperd (sic!) heißt der Gründer von Flying Nun. So viel unnützes Wissen muss sein.

Das klingt jetzt natürlich zartbitter nach Veteranenjazz, aber aus Neuseeland stammt auch aktuell zumindest eine wunderbare Band - The Ruby Suns. Unpatriotischerweise kommt diese nicht via Flying Nun zu uns, sondern wird in den USA bei Sub Pop, in England bei Memphis Music verlegt. Das liegt vielleicht darin begründet, dass man es bei dem Gründer der Band, Ryan McPhun, mit einem falschen Kiwi zu tun hat. Der ist nämlich waschechter Amerikaner - Kalifornien! -, ist allerdings nach Auckland ausgewandert.

Dort hat er vor einigen Jahren The Ruby Suns gegründet, die 2005 ihr noch etwas unbedeutendes Debüt veröffentlicht haben, bei dem es nicht einmal für einen Titel gereicht hat. Auf ihrem letzten Album, Sea Lion (2008), spielten sie eine großzügig gedeutete Form von Folkrock, nun hat McPhun seine ohnehin nur angeheuerte Band gefeuert und das neue Werk, waschlappig Fight Softly betitelt, im Alleingang aufgenommen.

Dafür hat er sich hinter alten und neuen Synthesizern verschanzt und mit dieser Gerätschaft seine Stücke dorthin produziert, wo auch Daniel Snaith, besser bekannt als Caribou, aktuell seinen Popentwurf zwischenparkt: an den Grenzen von Track und Lied. Wobei McPhun zwar elektronische Beats und allerlei Spielereien aus den Schaltkreisen einsetzt, dabei aber nicht die einladende Stimmung des charmanten Vorgängers vernachlässigt.

Auch auf Fight Softly macht man die Melodien karibischer Fest- und Freudengesänge aus, finden sich Motive, wie man sie von den späten Talking Heads und ihren Ausflügen in Richtung Afrika kennt. Etwa im Song Dusty Fruit, in dem synthetisch nachgebaute Steeldrums zu hören sind. Oder auch im heftig perkussiven Cranberry, dem man ohne Skrupel den goldenen David-Byrne-Verdienstorden verleihen könnte. Ansonsten vermischt McPhun zu abgebremsten House-Beats ein breites Spektrum an Zitaten, die von Brian Eno bis New Order reichen - ohne dass der Mann, der am liebsten Mainstream-Pop hört - Justin Timberlake! Madonna! Michael Jackson! - den Referenzbogen überspannen würde. Gerade der verspielte bis infantile Charakter dieser Stücke wirkt von allen Schubladen herrlich befreit. The Ruby Suns ist so eine der einnehmendsten Momentaufnahmen gelungen, die Pop zurzeit zu bieten hat.

Am 20. Mai gastiert die Formation in ihrer aktuellen Live-Besetzung im Wiener Flex. (Karl Fluch / DER STANDARD, Printausgabe, 14.5.2010)