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Der Euro fuhr am Mittwoch auf Achterbahn. Der Wert der Gemeinschaftswährung fiel zunächst auf den tiefsten Stand seit April 2006 und schoss am späten Nachmittag deutlich ins Plus auf bis zu 1,2393 Dollar - 2,03 Prozent über dem Vortageskurs. Die Erholung folgte auf positive Nachrichten aus Spanien, wo die Wirtschaft zum ersten Mal seit sieben Quartalen gewachsen war. Zudem hat Griechenland begonnen, eine 8,5 Milliarden Euro schwere Anleihe zurückzuzahlen, was ebenso positiv vom Markt aufgenommen wurde. Gerüchte, dass die Europäische Zentralbank (EZB) an einer weiteren Stützung von verschuldeten Ländern arbeite, beflügelten den Euro weiter. Doch Experten betonen, dass langfristig die Risiken für die Gemeinschaftswährung überwiegen:

So hat das Analysenetzwerk der Economist Intelligence Unit seine Wachstumsaussichten für die Eurozone heruntergestuft. 2010 und 2011 werde die europäische Währungsunion nur um 0,7 und 0,8 Prozent expandieren, je 0,1 Prozent schlechter als in der vergangenen Schätzung. Griechenland könnte zudem 2012 eine Umstrukturierung drohen. Als Folge dessen haben die Ökonomen der EIU ihre Währungsprognosen deutlich gekürzt. Für 2011 gehen sie nur noch von einem Euro/US-Dollar-Wechselkurs von 1,22 aus, statt bislang 1,39: "Die Bedenken über die budgetäre Nachhaltigkeit und den Zusammenhalt der Eurozone werden weiter bestehen."

Auch Jörg Angelé, Raiffeisen-Analyst für Zinsen und Währungen, geht davon aus, dass der Euro weiter unter Druck bleiben wird. Für 2011 gehe er bereits von einem Wert von 1,15 gegen den Dollar aus, rund sieben Prozent unter dem heutigen Kurs. Diesen Wert könnte der Euro aber durchaus unterschießen, warnt Angelé.

Am Mittwoch sind zudem weitere Details zu den Interventionen der EZB in den europäischen Anleihenmärkten bekanntgeworden. Die Bank hatte Anfang vergangene Woche 16,5 Milliarden Euro Staatsanleihen der europäischen Peripherie-Staaten gekauft (siehe Grafik). Um Inflation in der Eurozone als Folge der Maßnahme zu vermeiden, sollte das Geld wieder aus dem Bankensektor abgesaugt werden, die Maßnahme damit "sterilisiert" werden. Doch die EZB werde nur für eine Woche die Liquidität abziehen. Der Deutschland-Chefökonom der britischen Bank Barclays, Thorsten Polleit, geht daher davon aus, dass das Anleihen-Ankaufprogramm eine Gefahr für die Preisstabilität sei. Damit würde die EZB auch die Unsicherheit im Finanzmarkt erhöhen.

Insgesamt rechnen immer mehr Analysten und Händler bis ins Jahr 2011 hinein mit einer lockeren Geldpolitik der EZB. Die EIUglaubt sogar, dass die Zentralbank erst im dritten Quartal 2012 die Leitzinsen erhöhen wird. Das dürfte den Euro noch länger unter Druck halten. (Lukas Sustala, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.5.2010)