Im Fremdenzimmer: Austine Igunwe, Helene Ntumba und Beate Reitze, Markus Gsell, Penelope Gunther-Thalhammer (Musik)

Foto: Altmann

Feldkirch - Wie fühlt sich Fremdsein an? "Fremdenzimmer", die neue Inszenierung von walk-tanztheater.com, lässt es erahnen: Eine Halle ohne Bühne, die sich mit jeder Szene verändert. Keine Reihen, keine nummerierten Sitze. Wo ist mein Platz? Das Publikum folgt dem Ensemble mit Klappstühlen. Alles und alle sind mobil. Marc Altmann und Ursula Müller machen die Unsicherheit zum Leitmotiv ihrer Ausstattung.

Fix ist nur ein Berg, beharrlich ist die Angst. Die Angst der Fremden und die Angst vor den Fremden. Wie in fast allen Projekten von Brigitte Walk spielen Profis mit Theaterfremden. Diesmal sind es Menschen aus Nigeria, Kongo, Armenien, Afghanistan, Bangladesh, die "meist aus Zufall in Österreich gelandet sind" (Walk). Basis der Dialoge sind Interviews mit Flüchtlingen, kombiniert mit Theatertexten von Ingrid Lausund und Hansjörg Schneider entstand eine mehrsprachige Collage. "Österreich ist ein guter Platz, wo du schlafen kannst mit Augen zu", sagt der Flüchtlingschor. Und: "Ich glaube, System in Österreich isch gut."

Mitten in die Probearbeiten platzte das System in all seiner Brutalität - mit Abschiebungsbescheiden für zwei junge Männer aus Nigeria. Die Post kam, als ein Text über die Angst vor der Abschiebung geprobt wurde. Regisseur Rüdiger Pape: "Da wird einem klar, dass wir reale Menschen mit realen Problemen auf der Bühne verhandeln." Wie Michael Nosa aus Nigeria, seit mehr als fünf Jahren in Österreich, mit einer Vorarlbergerin verheiratet, integriert. Er fühlte sich in seiner neuen Heimat sicher. "Jetzt weiß ich nicht, was morgen passiert." Sollte man einen der Freunde abholen, "nachts, wie das üblich ist, dann werden wir da sein", sagt Walk und hofft auf Solidarität. Wie in Röthis, wo im März die Abschiebung einer kosovarischen Familie verhindert wurde. (jub/DER STANDARD, Printausgabe, 22./23./24. Mai 2010)