Bild nicht mehr verfügbar.

Steuerhinterziehung ist in der Baubranche seit Jahren ein Problem. Nun möchte das Finanzministerium die Generalunternehmer dazu verpflichten, vorab 20 Prozent an den Fiskus abzuliefern.

Foto: Reuters

Wien - Finanzminister Josef Pröll (VP) nimmt im Kampf gegen Steuerbetrug Anleihen bei der Gewerkschaft. Pröll sprach sich am Montag überraschend für die Einführung einer Auftraggeberhaftung in der Baubranche aus - eine bisherige ÖGB-Forderung, die von der Wirtschaftskammer (WKÖ) stets abgelehnt wurde. Auch am Dienstag verwies man in der Kammer auf bereits getroffene Maßnahmen gegen Steuerbetrug.

Baubranche im Visier

Wo liegt das Problem in der Baubranche? Aufträge, die ein Generalunternehmer an Land zieht, werden oft an Subfirmen weitergegeben. Immer wieder kommt es vor, dass diese zwar ihre Mitarbeiter anmelden, dann aber nie Beiträge oder Steuern zahlen.

Im Bereich der Sozialversicherung gibt es seit September 2009 bereits eine Generalunternehmerhaftung. Die Hauptfirma haftet also im Ausmaß von 20 Prozent für die Sozialversicherungsbeiträge der Subfirmen. Eine Befreiung gibt es nur für Firmen, die in den letzten drei Jahren keine Probleme mit den Krankenkassen hatten. ÖVP-Chef Pröll möchte nun auch bei der Finanz eine Auftraggeberhaftung. Die Firmen müssten also vorab 20 Prozent der Rechnungssumme an den Fiskus abliefern.

Ent- statt Verschärfung

Der Leiter der WKÖ-Sozialpolitik, Martin Gleitsmann, sieht dafür derzeit aber keine Notwendigkeit. Man solle vorerst einmal das bestehende Modell evaluieren. Und wenn es Änderungen geben soll, dann denkt die WKÖ eher in die Gegenrichtung, also an Entschärfungen. So hätte man gerne, dass neu gegründete Firmen bereits nach einem Jahr von der Generalunternehmerhaftung befreit werden, wenn sie nachweisen können, dass sie "qualifizierte Bauleistungen" erbracht haben. Bei der Bauinnung signalisiert man dem Finanzminister zwar "Kooperationsbereitschaft", warnt aber gleichzeitig vor zu großem "bürokratischem Aufwand".

Von der Gewerkschaft bekommt Pröll dafür volle Unterstützung. Allerdings fügt der Leitende Sekretär Bernhard Achitz im Gespräch mit dem Standard hinzu: "Bei den bisherigen Gesprächen über ein Paket gegen Lohn- und Sozialdumping waren auch die Vertreter des Finanzministeriums nicht sehr kooperativ." Es sei jedenfalls "fein, dass Pröll das Problem jetzt auch erkennt". Nun müsse er nur mehr die Wirtschaftskammer überzeugen.

Neben einer Generalunternehmerhaftung kann sich Achitz auch einen eigenen Verwaltungsstraftatbestand vorstellen, mit dem österreichische Firmen bestraft würden, die ausländische Beschäftigte deutlich unter Kollektivvertrag bezahlen. Auch das lehnt die Wirtschaft ab.

Finanzminister erwägt "pauschale Strafen"

Pröll hat es freilich nicht nur auf die Baubranche, sondern auf alle Steuersünder abgesehen. Bei schweren Finanzdelikten sollen die Haftstrafen erhöht werden, bei kleineren Delikten (unter 20.000 Euro Steuerhinterziehung) sollen die Verfahren beschleunigt werden. Bei diesen Fällen werden "pauschale Strafen", ähnlich einem Organstrafmandat im Straßenverkehr, vorgeschlagen. Dafür würde es kein langwieriges Finanzstrafverfahren geben.

Der Finanzrechtler Werner Doralt begrüßt das grundsätzlich. Gleichzeitig sollten aber die Nachforderungszinsen (derzeit knapp über zwei Prozent) erhöht werden, sagte er zum Standard. Und auch die Stundungszinsen (derzeit rund 4,7 Prozent) müssten erhöht werden. Es sei für Firmen finanziell zu attraktiv, einen Steueraufschub bei der Finanz zu beantragen. Für sinnvoll hielte Doralt auch eine Verlängerung der Verjährungsfrist für Steuerhinterziehung. Unter Schwarz-Blau wurde die Frist von zehn auf sieben Jahre reduziert. Auch die SPÖ spricht sich für eine Rückkehr zur alten Regelung aus.

Die Wirtschaftstreuhänder warnen aber davor, "jeden Steuersünder zu kriminalisieren". Das Steuerrecht sei sehr kompliziert, auch "Irrtümer" seien möglich.

Hundstorfer: Aufenthaltstitel wird bereits überprüft

Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) wiederum fühlt sich von Pröll nicht angesprochen. Dieser hatte gemeint, Hundstorfer solle verstärkt prüfen, ob Ausländer in Österreich eine Mindestpension beziehen, obwohl sie gar nicht hier leben. Es werde bereits streng kontrolliert, heißt es im Hundstorfer-Büro. Und: Insgesamt gebe es nur 550 ausländische Bezieher einer Mindestpension, 366 davon seien Deutsche. Zum Vergleich: Rund 1300 Österreicher beziehen in der Schweiz eine Mindestpension. (Günther Oswald/DER STANDARD-Printausgabe, 26.5.2010)