Weiträumige Innenhöfe für Begegnungen zwischen Stühlen von Peter Kogler und der Literaturskulptur von Anton Christian auf dem Innsbrucker Lodenareal.

Foto: Neue Heimat Tirol

Zeitgemäße Architektur und ein Minimum an Betriebskosten - so lautete die Philosophie bereits bei der Planung für die Wohnanlage auf dem Areal der ehemaligen Tiroler Lodenfabrik am nördlichen Rand der Innsbrucker Reichenau. Zum damaligen Zeitpunkt, also 2006, sei das Projekt mit seinen 354 Wohnungen zudem die größte Passivhausanlage österreichweit gewesen, berichtet der Projektleiter der Neuen Heimat Tirol (NHT), Elmar Draxl.

Weniger Heizen

Ziel war ein aktiver Beitrag zum Klimaschutz. Was mit einem Energieverbrauch von 15 Kilowattstunden je Nutzquadratmeter auch gelingen sollte. Die Erfüllung des Kiotozieles und die Umsetzung der Tiroler Energiestrategie 2020 wurden bereits bei der Planung bedacht. 2006 schrieben die Stadt Innsbruck, die Architektenkammer und der Bauträger einen Architektenwettbewerb aus: Es gewann ein Konzept der Architekturwerkstatt din a4, Messner-Prackwieser-Zobl. Dieses Büro entwickelte daraufhin zusammen mit der NHT und den Innsbrucker Stadtplanern das städtebauliche Konzept für die Passivwohnanlage auf dem Lodenareal.

Der Wettbewerbssieger plante die 189 Mietwohnungen auf dem Areal. Der Vorschlag von din a4 bestand aus drei Gebäudekomplexen: Diese setzten sich aus zwei gegeneinander gestellten L-förmigen Baukörpern zusammen. Zwischen den Gebäuden liegen durch ihre Verschränkung große Innenhöfe. Auf dem Areal konnten damit Räume "unterschiedlicher Intimität" - öffentliche Bereiche zwischen den einzelnen Bauteilen, halb öffentliche Innenhöfe und allen Wohnungen zugeordnete private Freiräume - entstehen, analysiert Claudia Wedekind vom Architekturforum Tirol. Der Block an Eigentumswohnungen der Firma Zima wurde vom zweitgereihten Büro des Architekturwettbewerbs, der Architekturhalle Telfs Wulz&König, geplant. Den zweiten Wohnblock der NHT plante das drittgereihte Team des Wettbewerbs K2 Arch. Ewerz&Gamper.

Genutzt wird bei diesem Passivbau die Grundwasserwärme, eine Pellets- und eine Solaranlage. Damit liegt die jährliche Reduktion an CO2 bei dieser Wohnanlage auf dem Lodenareal gegenüber einem Niedrigenergiehaus bei rund 680 Tonnen. Das sei umweltfreundlich bei einer Quadratmeter-Miete von 7,5 Euro, "inklusive Betriebskosten und Tiefgaragenplatz", sagt NHT-Projektleiter Elmar Draxl. Der Energieverbrauch für die Beheizung liegt durch die Passivbauweise etwa 20 Prozent unter dem in Tirol üblichen Verbrauch. Eingesetzt werden heimische Energieträger (Pellets, thermische Solarenergie, Grundwasserwärme für die Vorkonditionierung der Zuluft für das Gebäude). Für die Brennstoffanlieferung für Heizung und Warmwasser braucht es nur zehn Lkw-Fahrten mit durchschnittlich 30 Kilometer Zufahrtsweg pro Jahr.

Kunst am Bau 

Bereits während der Bauarbeiten wurde die Umweltfreundlichkeit des Baus immer wieder kontrolliert. Im Juli 2008 wurde eine Musterwohnung fertiggestellt: Der maßgebliche Wert bei der Luftwechselrate lag mit 0,6 unter dem geforderten Wert. Als "Markenzeichen" der NHT wurde auch auf dem Lodenareal Kunst am Bau integriert. Im Bereich der Außenanlage wurden drei Projekte realisiert: Die sechs "Säulen der Poesie" von Anton Christian sind fünf Meter hoch und aus Glas: Die zwischen den Gläsern eingefügten Buchstaben lassen Gedichte entstehen. Heinz Gappmayr nähert sich mit seiner Skulptur dem Phänomen Zeit an. Und Peter Kogler gestaltete die Sitzbänke: Die Ameise und die Röhre symbolisieren ein Geflecht von Strukturen und Netzwerken. Zudem gibt es auf dem Areal Kinderspielplätze, Liegewiesen, ein Bootshaus und eine neue Brücke über die Sill. (Verena Langegger, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26.5.2010)