John Grant - "Queen Of Denmark" (V2)

Foto: V2

Irgendwann brach seine alte Band auseinander. Die Musiker konnten und wollten nicht mehr miteinander. Gerade auch, weil sich John Grant, der Kopf der US-Gruppe, unverstanden, schlecht behandelt, von seinen Kollegen aufgrund seiner Homosexualität tendenziell immer verhöhnt fühlte. Dabei handelte es sich bei The Czars jahrelang um eine ewige Hoffnung im instrumental unaufgeregten, zurückgelehnten, melodieseligen Alternative-Rock-Bereich.

Sänger und Songschreiber John Grant, ein Mann mit sanfter Stimme bei oft harten Textinhalten, verfiel endgültig in Depression. Er forcierte seine Drogenkarriere, bestritt seinen Unterhalt mehr schlecht als recht als Kellner, gab die Musik jahrelang ganz auf. Erst die Bekanntschaft mit den jungen verträumten US-Softrockern (Aha!) Midlake brachte die Wende.

Midlake erspielten sich über die Jahre international einen beachtlichen Ruf im Fach des Erwachsenenrock und wurden von dazugehörigen Medien wie Mojo, Uncut oder Rolling Stone pflichtschuldig wie regelmäßig gefeiert. Kunststück, verweist ihre Musik doch zurück in die dekadente wie "goldene" Zeit der 1970er-Jahre und hier speziell auf Bands wie Fleetwood Mac, Supertramp, Tim Buckley, Elton John (vor seiner Karriere als Schlagersänger) oder die damals von "Cocaine Cowboys" bevölkerte US-Westcoast-Szene. Hier sollte man auch wieder einmal die große und beinahe vergessene Judee Sill erwähnen.

Auch John Grant wuchs in seiner Jugend mit diesen tendenziell ins Käsige und molllastig Kitschige kippenden Klängen auf. Supertramps "Breakfast In America", Elton John, Bread, The Carpenters dienten dem Thirtysomething als Trost für eine harte christliche Jugend in einem Pfarrhaus, wovon jetzt etwa der Song "Jesus Christ Hates Faggots" bitteres Zeugnis ablegt.

Midlake brachten ihn im Vorprogramm einer gemeinsamen US-Tour vor einiger Zeit jedenfalls wieder zurück zur Musik. Und Grant komponierte und nahm sein nun vorliegendes Album 2008 und 2009 in diversen Studiosessions gemeinsam mit Midlake in deren Heimstudio in Texas auf.

Die zwölf Songs von "Queen Of Denmark" arbeiten dabei auf stimmige Weise nicht nur musikalische Altlasten ab. Vor allem auch autobiografisch versucht John Grant seine Dämonen auszutreiben. Speziell Songs wie die (alb-)traumhafte Piece "Where Dreams Go To Die", erwähntes "JC Hates Faggots" oder "I Wanna Go To Marz" lassen die Gänsehaut aufziehen. Zumal Grant bei aller textlichen Wucht mit dunkel eingefärbtem Bariton gesangliche Zurückhaltung übt.

Er schafft so eine Diskrepanz, die die Musik aus der gefährlichen Nähe zur Gleichform und zum banalen Wohlklang reißt. Dabei riskiert Grant oft den Absturz in leicht lächerlich zu lesende Lyrics wie im pianolastigen Titelsong "Queen Of Denmark": "I wanted to change the world, but I couldn't even change my underwear."

Im Kampf mit den Dämonen

Das zentrale Stück des Albums stellt Sigourney Weaver dar. In diesem haben wir es mit einer klassischen Entfremdungssituation zu tun, in der Grant, seiner Stimme und seinem Mitgefühl verlustig gegangen, gegen die Aliens in seinem Kopf ankämpft so wie die US-Schauspielerin in der "Alien"-Kinosaga. Dazu gibt John Grant den weit ausholenden, pianolastig pathetischen, sättigungsreich-getragenen Elton John besser, als es dieser selbst in seinen besten Jahren vor vier Jahrzehnten je vermocht hätte.

Das nachfolgende Lied "Chicken Bones" zeigt allerdings die Gefährlichkeit solcher historisch auf jeden Fall hinterfragbarer Hommagen. An fröhlichen Stakkato-Akkorden und quietschfidelen Synthesizern und Wah-Wah-Gitarren hat sich schon der britische Sir oft und gern verhoben. (Christian Schachinger / DER STANDARD, Printausgabe, 28.5.2010)