Auf der Simmeringer Haide werden Gurken angebaut. Auch Industrie ist hier angesiedelt.

Foto: derstandard.at/Winkler-Hermaden

Bei der Gemeinderatswahl 2005 erhielt die SPÖ noch sechzig Prozent...

screenshot: wien.gv.at

...bei der EU-Wahl sackte sie auf 33 Prozent ab und verlor fast zwanzig Prozentpunkte.

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Regeln sollen Konflikt in Simmerings Gemeindebauten verhindern. Der Spielplatz darf nur von neun bis zwanzig Uhr benützt werden.

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Simmering war immer rot. Im elften Wiener Gemeindebezirk stellt die SPÖ seit 1945 den Bezirksvorsteher. Doch selbst Renate Angerer, die erste Frau an der Spitze des Bezirkes, will es nicht mehr ausschließen, dass die FPÖ unter Paul-Johann Stadler hier die SPÖ überholen könnte. Redet man mit den beiden Bezirkspolitikern, geht es vor allem um eines: Integration.

Die Simmeringer Hauptstraße ist die Verkehrsader des Bezirks. Hier reihen sich türkische Bäcker an türkische Obstverkäufer und türkische Schmuckhändler. Von den Bewohnern wird die Straße  laut dem FPÖ-Politiker Stadler "Little Istanbul" genannt. Der Ausländeranteil im elften Bezirk ist mit 18 Prozent zwar ein wenig geringer als in ganz Wien (20 Prozent), Probleme gibt es hier aber trotzdem und vor allem in den Gemeindebauten. Die Bezirksvorsteherin führt das jedoch nicht nur auf die Zuwanderer zurück, sondern auf "Probleme des menschlichen Zusammenlebens", die es schon immer gegeben habe.

Arbeiter entscheiden Wahl

Simmering wird oft als "Arbeiterbezirk" bezeichnet. Die Hälfte der 88.000 Bewohner hat eine Lehre oder eine berufsbildende mittlere Schule abgeschlossen, 35 Prozent haben einen Pflichtschulabschluss. Die Akademikerquote liegt in Simmering bei fünf Prozent. Zum Vergleich: Im sogenannten "Studentenbezirk" Neubau sind 22 Prozent der Bewohner Akademiker. Die Wahl wird in Simmering also vor allem von den Arbeitern entschieden.

ÖVP und Grüne haben im elften Bezirk nie ernsthaft Fuß fassen können. Bei der Gemeinderatswahl 2005 erreichte die ÖVP knapp elf Prozent der Stimmen, die Grünen wurden von sieben Prozent der Simmeringer gewählt. Die Sozialdemokraten erreichten damals noch 60 Prozent der Stimmen. Der Stimmenanteil der Blauen (kurz zuvor hatte die Partei sich in BZÖ und FPÖ aufgespalten) lag bei rund 19 Prozent. Bei der EU-Wahl 2009 war der Abstand zwischen Sozialdemokraten und Freiheitlichen jedoch schon wesentlich geringer: Sie SPÖ erreichte 33,4 Prozentpunkte und verlor 19,2 Prozentpunkte der Stimmen, während die Blauen einen Stimmenzuwachs von 18,7 Prozentpunkten verbuchen konnten, was insgesamt 23,8 Prozent der Stimmen ausmachte.

Zentralfriedhof, Alberner Hafen, Gasometer

Simmerings politische Landschaft mag nur zwei Farben haben, ansonsten ist der Bezirk aber sehr vielfältig. Auf der Simmeringer Haide werden Gurken angebaut, am Hafen Baustoffe verschifft. Im elften Bezirk steht zudem Österreichs größtes Kraftwerk: von hier aus wird Wien mit Fernwärme und Elektrizität versorgt. Gasometer und Industriegebiet lassen den Schluss zu, dass Simmering eher ein grauer Bezirk ist, was aber nicht stimmt: Mehr als ein Drittel des Gebietes sind Grünfläche. 

Einen nicht unerheblichen Teil der Grünfläche macht der Zentralfriedhof mit 2,5 Quadratkilometern aus. Wer hinaus bis zum Alberner Hafen fährt - und am besten bewegt man sich hier mit dem Auto fort, es verkehrt nur ein Bus im Viertelstundentakt - , könnte glauben, schon gar nicht mehr in Wien zu sein. Die kleinen Häuschen und Gärten erinnern eher an das Waldviertel als an eine Millionenstadt.

Blaue Konkurrenz

Parteiobmann der Freiheitlichen in Simmering ist Harald Stefan, der eine der "Zukunftshoffnungen" der FPÖ ist, die Anfang Mai als Teil des neuen Führungsteams präsentiert wurden. Ob er und der weniger ideologische, sondern eher pragmatische Bezirksvorsteher-Stellvertreter Stadler das "Duell um Wien", das Strache zwischen der FPÖ und der SPÖ in Wien ausgerufen hat, gewinnen können, wird sich zeigen. (Lisa Aigner, derStandard.at, 9.6.2010)