Jan Troinow ist Technologie-Chef von "3" und seit dem Start vor sieben Jahren dabei: "Letztendlich wollen die anderen ähnliche Verhältnisse wie bei den Tankstellen haben. Wo de facto über ein Oligopol die Preise stetig nach oben getrieben werden. Damit dies nicht passiert, braucht Österreich Wettbewerb. Und "3" ist der Garant für Wettbewerb in Österreich."

Foto: 3

"3" ist der kleinste Mobilfunkanbieter am Österreichischen Markt, sorgt aber regelmäßig für Aufregung in der Branche. Waren es zunächst UMTS-Handys und Videotelefonie, zieht man heute vermehrt mit "Kampftarifen" und niedrigen Roaminggebühren den öffentlich kundgegebenen Gram der Mitbewerber auf sich. "Was wir dem ganzen entnehmen ist, dass wird den anderen weh tun. Den anderen geht es darum, die Preise zu erhöhen", sagt "3"-CTO Jan Trionow im Interview. Während seit Jahren über den Verkauf von "3" spekuliert wird, sei das Unternehmen trotz ausbleibender Gewinne für die Zukunft gerüstet. "In Kürze wird "3" in Österreich Gewinne erzielen. Und wenn man sich die Eigentümerverhältnisse der anderen Mobilfunker anschaut, ist "3" sicherlich nicht der erste Übernahmekandidat." Für Wachstum sollen neben Smartphones vor allem neue mobile Endgeräte wie Tablet-PCs sorgen. "Wir wollen jedes elektronische Gerät verbinden", erklärt Trionow im Gespräch mit Zsolt Wilhelm.

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derStandard.at: Wenn man sich die Entwicklung von "3" ansieht, hat man das Gefühl, dass sich Ihr Unternehmen vom einstigen Technologie-Treiber (UMTS, Videotelefonie) in den vergangenen Jahren und Monaten immer mehr zum Preisbrecher entwickelt. Teilen Sie diesen Eindruck?

Trionow: Ich denke nicht, dass das eine das andere ausschließt. Für uns war Innovation immer sehr wichtig. Technologie nicht unmittelbar, sondern nur als Mittel zum Zweck. Den Anspruch Technologie-Führer zu sein, wie A1, hatten wir nie. Innovationsführer wollten wir allerdings immer sein. Das aber stets in Verbindung mit attraktiven Preisen, die im hart umkämpften Österreichischen Markt nach wie vor notwendig sind, um Kunden zu akquirieren. Innovation kann man natürlich nicht pachten. Die wird derzeit aus vielen Richtungen getrieben - seien es Smartphones oder AppStores.

derStandard.at: Apropos, in dem Bereich sieht es so aus, als hätte "3" die großen Smartphones, wie das iPhone oder einige Top Android-Handys ausgelassen. Was ist da für die Zukunft geplant?

Trionow: Wir haben die Android-Plattform bereits in unserem Portfolio. Etwa mit dem X10 von SonyEricsson. Weitere Android-Geräte befinden sich unmittelbar vor der Markteinführung. Unsere gesamte Smartphone-Palette werden wir in den nächsten Monaten intensiv ausbauen. Das iPhone ist derzeit noch exklusiv bei (Orange und T-Mobile), aber diese Exklusivität wird sicher bald zu Ende sein.

derStandard.at: Tut Ihnen das sehr weh, dass Sie das iPhone nicht anbieten können? T-Mobile und Orange führen einen Großteil ihres Wachstums auf Apples Handy zurück.

Trionow: Natürlich ist es wichtig, sehr gute Geräte anbieten zu können. Der Smartphone-Markt ist mittlerweile aber auch deutlich differenzierter geworden und das iPhone steht nicht mehr alleine da. Wir werden versuchen, hier ein attraktives Portfolio für unsere Kunden zu stellen - inklusive Apple. In UK haben wir ja auch schon das iPhone, diese Exklusivität wird verschwinden.

derStandard.at: Können Sie einen Ausblick auf Windows Phone 7-Handys geben?

Trionow: Derzeit steht keine Markteinführung unmittelbar bevor, aber wir werden WP7-Geräte in unser Angebot aufnehmen, sobald sie am Markt erhältlich sind.

derStandard.at: Der andere wichtige Faktor sind die Tarife. Da hat man das Gefühl, dass sich "3" in letzter Zeit etwas zum Diskonter entwickelt. Würde es Sinn machen, eine eigene Diskont-Marke zu etablieren?

Trionow: Für die Zukunft kann man das natürlich nicht ausschließen, aber wir haben in absehbarer Zeit nichts in dieser Richtung geplant und stecken das Geld lieber direkt in Angebote, als in verschiedene Marken.

derStandard.at: Was sich viele in der Branche fragen ist, welche Strategie Hutchison 3G verfolgt. "3" ist mittlerweile sieben Jahre am Markt und hat noch immer keine Gewinne abgeworfen...

Trionow: Klar geht es darum, Gewinne zu erzielen. Aber Mobilfunk ist ein Infrastrukturgeschäft, wo zunächst jeder Betreiber in den Ausbau der Netze und der Marke investieren muss, bevor er Profite davon tragen kann. Und auf dieser Reise sind wir gut unterwegs. Wir sind das am schnellsten wachsende Mobilfunkunternehmen Österreichs, wir haben letztes Jahr ein 32-prozentiges Kundenwachstum verzeichnen können und haben als einziger Betreiber unseren Umsatz verbessert. Wir sind für die Zukunft bestens aufgestellt und in Kürze wird "3" in Österreich Gewinne erzielen.

derStandard.at: Dauert diese Reise bereits länger als geplant?

Trionow: Als vor sieben Jahren UMTS-Lizenzen erworben wurden, gab es sicherlich ambitioniertere Pläne. Aber was unsere jüngeren Pläne betrifft, liegen wir im Großen und Ganzen in der Zeit.

derStandard.at: Wie sollen denn in Zukunft genau Gewinne erzielt werden? "3" hat sich lange Zeit gerühmt, den größten durchschnittlichen Umsatz pro Kunde (ARPU) verzeichnen können. Gerade dieser wichtige Wert ist im vergangenen Jahr drastisch gefallen. Es sieht so aus, als würde man zwar auf rasches Kundenwachstum abzielen, der Gewinn bleibt dabei aber auf der Strecke.

Trionow: Die Entwicklung des ARPUs bei "3" wird von zwei Dingen beeinflusst. Ein Aspekt ist, dass wir in den vergangenen Jahren immer mehr mobile Breitband-Kunden gewonnen haben. Diese Kunden generieren naturgemäß geringere Umsätze als Mobilfunkkunden. Dadurch wird automatisch der Gesamt-ARPU verwässert. Der Verfall des ARPUs bei Mobilfunkkunden wurde in den vergangenen Jahren stark von der Regulierung getrieben. Hier hat drei als jüngerer Mitbewerber am Markt längere Zeit höhere Terminierungsentgelte verrechnen können, als andere. Da wurde "3" massiv herunterreguliert und mittlerweile erhalten alle Betreiber das gleiche Terminierungsentgelt. Natürlich heißt das auch, dass die Kosten für Betreiber geringer geworden sind. Die Marge hat sich dadurch sogar etwas verbessert, weil wir als kleiner Betreiber zurzeit noch mehr herausgehende als hereingehende Minuten haben. Der ARPU ist dadurch zwar kleiner, unsere Marge aber größer geworden.

derStandard.at: Die Konkurrenz kann den günstiger werdenden Angeboten von "3" jedenfalls wenig abgewinnen. In Interviews wird "3" insbesondere von Orange (siehe Interview) und T-Mobile (siehe Interview) in ein schlechtes Licht gerückt. Haben Sie das Gefühl, dass "3" gemobbt wird?

Trionow: Was wir dem Ganzen entnehmen ist, dass wird den anderen weh tun. Den anderen geht es darum, die Preise zu erhöhen. Relativ offen wird auch gesagt, dass es zu einer Konsolidierung kommen muss, damit die Preise wieder steigen können. Das ist eine Entwicklung, für die "3" nicht zu haben ist. Auch die Kunden sind bei dieser Reise, den Preis zu erhöhen, nicht dabei. Letztendlich wollen die anderen ähnliche Verhältnisse wie bei den Tankstellen haben. Wo de facto über ein Oligopol die Preise stetig nach oben getrieben werden. Damit dies nicht passiert, braucht Österreich Wettbewerb. Und "3" ist der Garant für Wettbewerb in Österreich.

derStandard.at: Hat es mit der kolportierten Exit-Strategie also nichts auf sich?

Trionow: Es geht sicher auch darum, unsere Kunden zu verunsichern. Wir fühlen uns aber für die kommenden Jahre gut gerüstet. Eine Übernahme ist derzeit in keiner Weise realistisch. Diese Kommentare gibt es seit sieben Jahren und wir sind immer noch da. Hinter "3" steht ein sehr sehr potenter Shareholder, der in Netzausbau und Wachstum investiert. Niemand der das tut, ist auf schnellen Gewinn aus. Und wenn man sich die Eigentümerverhältnisse der anderen Mobilfunker in Österreich anschaut, ist "3" sicherlich nicht der erste Übernahmekandidat.

derStandard.at: Heißt das, "3" könnte einen Mitbewerber übernehmen?

Trionow: Das ist keine konkrete Option. Was die Zukunft bringt, werden wir sehen.

derStandard.at: T-Mobile meint, durch die konstante Senkung der Preise würde irgendwann das Geld für Investitionen fehlen...

Trionow: Das ist aus meiner Sicht falsch. Österreich hat seit Jahren die besten Preise und gleichzeitig auch die besten Netze im EU-Vergleich.

derStandard.at: Das Thema Investitionen wird mit der künftigen Etablierung des nächsten Mobilfunkstandards LTE wieder interessant. Wie geht denn der Netzausbau bei "3" voran?

Trionow: Wir sind gerade dabei, unser Netz auf den neuesten Stand aufzurüsten und wir werden in Kürze mehr Kapazitäten für unsere Kunden bereitstellen können. Zur anstehenden Versteigerung der LTE-Lizenzen im Herbst dürfen wir nach einer Weisung der Regulierungsbehörde RTR nichts sagen.

derStandard.at: Interessant, Herr Chvatal (T-Mobile-Chef) hat vor drei Wochen seine Position dazu noch bekanntgegeben...

Trionow: Das Schreiben der RTR wurde gerade erst an alle Betreiber verschickt. Wahrscheinlich aufgrund seiner Aussagen, denn das ist eigentlich ein Ausschließungsgrund. Also werden wir dazu nicht sagen. Dennoch sind wir natürlich an LTE interessiert. LTE wird notwendig sein, um den Kunden größere Bandbreiten geben zu können.

derStandard.at: Ein anderes Thema, dass die Kunden bewegt ist "Roaming". Während einige Mobilfunker sich sehr gegen die Regulierungsmaßnahmen der EU sträuben, hat "3" hier sehr aggressiv mit Produkten wie "3 like Home" agiert. Daten-Roaming soll als nächstes deutlich günstiger werden. In wie fern passt diese "Nächstenliebe" mit den Gewinnbestrebungen zusammen?

Trionow: Es geht uns nicht um Nächstenliebe. Es gibt nur verschiedene Strategien zu wachsen. Und wir sind überzeugt, dass hier die relativ sorgenfreie Nutzung von Datenroaming der bessere Pfad fürs Wachstum ist, als Apothekerpreise zu veranschlagen.

derStandard.at: Sie glauben also, dass durch den Preisverfall dann immer mehr Leute Roaming nutzen werden...

Trionow: Ja.

derStandard.at: T-Mobile hat diesbezüglich auf eine Studie hingewiesen, wonach trotz massiver Regulierung bei der Sprachtelefonie kaum mehr Kunden im Ausland telefonieren...

Trionow: Ich glaube, es braucht einfach seine Zeit, bis die Angst vor Roamingkosten aus den Köpfen raus ist. Das gleiche Phänomen hat man bei der Nutzung von Datendiensten im Inland gesehen.

derStandard.at: Wechseln wir abschließend zu einem weiteren Wachstumsträger. Neben Smartphones werden künftig auch viele andere mobile Endgeräte um die Kundschaft buhlen. Welche Hoffnungen legen Sie denn in die neue Generation der Tablet-PCs, um Kunden Datentarife verkaufen zu können?

Trionow: Wir sind mit Apple im Gespräch, Konkretes können wir aber noch nicht dazu sagen. Natürlich ist das ein sehr attraktives Segment. Die Bundles mit PlayStation 3s haben einen Erfolg gehabt, Netbook-Bundles waren extrem erfolgreich und ich gehe davon aus, dass die Bandbreite an Engeräten in Zukunft noch weitaus größer wird. Da soll "3" dabei sein. Gleichzeitig wird das Thema "Machine-to-Machine" immer wichtiger. Navigationsgeräte im Auto, der Fotoapparat, eine Messstelle für Strom- oder Wasserverbrauch - was auch immer wird in Zukunft eine SIM-Karte oder eine Soft-SIM integrieren.

derStandard.at: Dazu müsste aber einmal der Preis für multiple SIM-Karten fallen.

Trionow: Dafür haben wir spezielle Tarife entwickelt. Die Info-Screens bei den U-Bahnen werden etwa so bedient.

derStandard.at: Das heißt, Sie erhoffen sich die komplette Vernetzung von Computern und anderen Geräten...

Trionow: Das ist die Gesellschaft, die uns vorschwebt. Wir wollen jedes elektronische Gerät verbinden. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 30.5.2010)