Wien - Jene 14-Jährige, die vor sieben Wochen in der Sankt-Johann-Gasse in Wien-Margareten mit einem Küchenmesser ihre Mutter erstochen hat, war zum Tatzeitpunkt eingeschränkt zurechnungsfähig. Zu diesem Schluss kommt das psychiatrische Gutachten von Werner Gerstl,  Leiter der Abteilung für Kinder- und Jugendneuropsychiatrie am Landesklinikum Linz.

Damit ist klar, dass das Mädchen vor Gericht gestellt wird. Ob die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Mordes, Totschlags oder absichtlich schwerer Körperverletzung mit Todesfolge erhebt,  wird sich erst im Juni entscheiden.

Häufige Streitereien

Die Beziehung zwischen der Tochter und ihrer 37-jährigen Mutter war konfliktbeladen. Im Vorfeld soll es bereits öfters zu Handgreiflichkeiten gekommen sein. Regelmäßiger Streitgegenstand dürften unter anderem das stundenlange Fernsehen und Internet-Surfen des Teenagers gewesen sein

Am 13. April eskalierte eine Auseinandersetzung, nachdem die Mutter dem Mädchen kategorisch das Internet verboten hatte. Die 14-Jährige stach ihr im Streit mit einem Messer mehrmals in den Rücken und in die Brust. Der Vater und der Bruder der 14-Jährigen entdeckten am Abend im Badezimmer die Leiche der Frau, wenig später wurde das Mädchen in verstörtem Zustand in einem Park aufgegriffen. Nach der Festnahme legte die Schülerin ein Tatsachengeständnis ab, bestritt jedoch die Tötungsabsicht.

Kein Schuldausschließungsgrund

Laut psychiatrischem Gutachten liegt bei der 14-Jährigen kein Schuldausschließungsgrund vor. Sie hat demnach nicht unter einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustand gehandelt, wie etwa geistig oder seelische Abartigkeit. Volle Zurechnungsfähigkeit bescheinigt der Sachverständige dem Mädchen aber nicht: Altersbedingt sei die "Einsichts- und Handlungsfähigkeit" der 14-Jährigen herabgemindert, heißt es in der Expertise. Auch die wiederholten Auseinandersetzungen mit der Mutter dürften sich auf die Psyche der der Gerade-schon-Strafmündigen ausgewirkt haben, die noch kein ausgereiftes Persönlichkeitsbild entwickelt hat.

Bei Mordanklage drohen bis zu zehn Jahren Haft

"Im Moment analysieren wir das Gutachten. Die Ergebnisse werden im Prozess sicher genau herausgearbeitet", meinte Ernst Schillhammer, der Verteidiger der 14-Jährigen. Im Fall eines Schuldspruchs wäre bei der Strafbemessung die reduzierte Zurechnungsfähigkeit jedenfalls als Milderungsgrund zu berücksichtigen. Sollte die Anklagebehörde eine Mordanklage einbringen - die Ermittlungen laufen offiziell in diese Richtung -, sieht das Jugendgerichtsgesetz dafür einen Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren vor.