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etat.at: Die bet-at-home-Kampagne wurde vom Werberat soeben mit einem Stopp belegt. Die Kampagne sorgte zuvor in Branchenmedien für Wirbel. Hat die Kampagne genug proviziert und sind Sie zufrieden mit der Resonanz? Was antworten Sie Kritikern, die in der Kampagne "Gewaltverherrlichung" sehen?

Markus Enzi: Die Frage, ob wir damit genug provoziert und nun zufrieden seien ist eine Suggestivfrage. Ich selbst verwende solche Fragen leider auch oft im Umgang mit meinen Söhnen. Es war überhaupt nie unsere Absicht zu provozieren. Wir sind alles andere als
zufrieden, sondern erstaunt über die Reaktionen.

Noch mehr Verwunderung löst bei uns und unserem Kunden allerdings der Umstand aus, wie all diese Dinge zustande kommen. Dem Werberat liegt lediglich eine schriftliche Stellungnahme in Form einer A4 Seite vor. Kein einziger Vertreter hat auch nur einmal mit uns oder unserem Kunden Kontakt aufgenommen und uns angehört. Kein Journalist hat ein Interview mit uns geführt und kein einziges Medium hat sich an uns mit Fragen oder Bedenken gewendet, sondern die Sujets anstandslos angenommen.

"Weder Verstoß gegen die guten Sitten noch Gewaltverherrlichung"

Das Urteil selbst ist unserer Meinung nach widersprüchlich und voll von interpretationsbedürftigen Gummiparagraphen. Dem Gremium dürfte beispielsweise der Umstand entgangen sein, dass die Szenen mit einem Fußballkommentar unterlegt sind, der die Beziehung zum Sport und zu den Geschehnissen auf dem Spielfeld eindeutig herstellt und das Entsetzen des Kommentators zum Ausdruck bringt! Niemand hat und wird solche Reaktionen gut heißen, sie sind nur Teil der Realität im Sport. Wir sehen darin weder einen Verstoß gegen die guten Sitten noch Gewaltverherrlichung.

Unzulässig ist auch der Schluss, dass die Szenen mit aggressiver Gegenwehr enden und damit Gewalt als Konfliktlöser gut geheißen wird. Etwas darzustellen ist nicht gleichzusetzen mit etwas gut heißen. Noch mehr, als doch die Originalszene sofort erkannt und auch immer wieder zitiert wird!

etat.at: Auch die Mehrheit der UserInnen von derStandard.at/Etat war ein einer Umfrage dafür, dass die Kampagne gestoppt wird.

Markus Enzi: Wir schätzen derStandard.at als Forum für anonyme Poster sehr. Ist es doch auch ein Ventil für viele, Frust loszuwerden und private Scharmützel auszutragen. Daraus aber relevante Marktforschungsdaten abzuleiten, scheint uns doch etwas kühn.

etat.at: Mittlerweile halten sich viele Medien an Empfehlungen des Werberates – ORF, ATV , auch Außenwerber wollen keine Kampagnen mehr schalten, die vom Werberat mit einem Stopp belegt wurden. Was bedeutet das für die Kampagne? Wo wird sie während der WM zusehen sein? Gibt's eine Alternativkampagne für Medien?

Markus Enzi: Wir haben gestern nachmittag das Urteil des Werberates erhalten. Um es allen, die mit der Materie weniger vertraut sind, klarzumachen, handelt es sich bei den Punkten um einen freiwilligen, selbstauferlegten Kodex. Das scheint mir wichtig zu sein, da dies in der Berichterstattung nie erwähnt wird und der Werberat wie eine Instanz mit legistischer Handhabe dargestellt wird. Sollten sich Medien an diese Empfehlung halten, werden wir mit unserem Kunden die weitere Vorgangsweise beraten. (red, derStandard.at, 8. Juni, 2010)