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Pröll: "Natürlich gibt es Berührungspunkte mit den Grünen ... Aber jetzt gibt es eine Regierung mit der FPÖ. Die Frage nach Schwarz-Grün oder einem fliegenden Wechsel stellt sich überhaupt nicht."

montage: derStandard.at (fotos: reuters)

Landwirtschaftsminister Josef Pröll scheint für "seine" Bauern besonders viel herauszuholen - im Gründonnerstag-Gespräch mit Conrad Seidl bestreitet der Agrarpolitiker aber, dass die Bauern bevorzugt behandelt würden. Von der Entwicklung des ländlichen Raumes und der Erhaltung der kleinteiligen bäuerlichen Struktur hätten schließlich alle etwas.

STANDARD: Bauer müsste man sein! Diese Regierung scheint für die Bauern so ziemlich alle Wünsche zu erfüllen - sie bekommen verbilligten Agrardiesel, Kürzungen der Agrarsubventionen werden nicht einmal diskutiert und die von der FPÖ geforderte Angleichung der Pensionssysteme, die die Bauern besonders treffen würde, scheint auch nicht so bald zu kommen. Ist das Ihr Erfolg?

Pröll: Die Verlängerung des 40-Milliarden-Schilling-Paketes für die Landwirtschaft ist nichts Neues. Der Agrardiesel war schon in der vorigen Regierungsperiode vereinbart und wird mit der anstehenden Steuerreform umgesetzt - das ist aber auch nur eine Gleichstellung mit den europäischen Mitbewerbern. Und was die Pensionen betrifft, darf man nicht vergessen, dass die Bauern von der Pensionsreform, etwa der Anhebung des Pensionsalters und der Durchrechnung, genauso betroffen sind wie alle anderen. Die Pensionssysteme werden angeglichen, das ist vereinbart - aber es geht nicht von einem Tag auf den anderen.

STANDARD: Dass es den Bauern in Österreich besonders gut geht, würden Sie nicht sagen?

Pröll: Es gibt keine Frage: Europäische Agrarpolitik - ländliche Entwicklung, Marktordnung - wird auf der Ebene Brüssel gemacht. Auf nationaler Ebene geben wir eben spezielle Antworten auf spezielle Herausforderungen: Extrem hoher Anteil an benachteiligtem Gebiet - und das Ziel, eine klein strukturierte Landwirtschaft flächendeckend zu erhalten. Eine bäuerliche Landwirtschaft, wie wir sie haben und haben wollen, kostet Geld. Das muss man aussprechen. Aber das ist auch gesellschaftlicher Konsens.

STANDARD: Ein Konsens, der offenbar von Arbeitnehmervertretern, von ÖGB und Arbeiterkammer, nicht getragen wird - da kommt im Schnitt wöchentlich eine bauernkritische Aussage.

Pröll: Da kommt vielleicht wöchentlich eine agrarkritische Aussendung - aber Gott sei Dank spricht die AK nicht für die österreichische Bevölkerung. Mich unterscheidet vielleicht von der Arbeiterkammer, dass ich viel bei den Menschen draußen bin - und da gibt es eine Riesensehnsucht nach einer klein strukturierten Landwirtschaft. Gerade in den Städten spürt man diese Sehnsucht.

STANDARD: Solche romantischen Vorstellungen wurden ja auch mit Schwarz-Grün verbunden - dafür gab es ja speziell im Bauernbund auch Sympathien. Was wäre in einer schwarz-grünen Regierung anders?

Pröll: Natürlich gibt es Berührungspunkte mit den Grünen. Gerade bei meinen Themen Biomasse, Schutz des Wassers, nachhaltige Bodenbewirtschaftung. Aber jetzt gibt es eine Regierung mit der FPÖ. Die Frage nach Schwarz-Grün oder einem fliegenden Wechsel stellt sich überhaupt nicht.

STANDARD: Trotzdem: Was wäre mit den Grünen anders?

Pröll: Ich war bei den Verhandlungen erstens nicht dabei, zweitens sind sie gegenstandslos, weil sie nicht abgeschlossen wurden. Einzelne Ideen, etwa in der Klimapolitik, werden aber in das jetzt mit der FPÖ umzusetzende Programm eingeflossen sein. So werden die Mittel für den Klimaschutz 2004 um 30 Millionen Euro, 2005 um noch einmal 30 Millionen und 2006 um 90 Millionen Euro aufgestockt.

STANDARD: Was also wollen Sie mit den Klima-Millionen machen - sie in den Agrarbereich, etwa hin zur Biomasse verschieben?

Pröll: Nein, primär geht es darum, fossile Energie durch erneuerbare Energieträger zu substituieren. Wir sind natürlich prädestiniert, auf Biomasse zu setzen, weil wir den Rohstoff Holz haben, ihn kennen und wissen, dass wir den jährlichen Zuwachs an Holz gar nicht nützen. Wir wollen den Biomasse-Anteil um 75 Prozent erhöhen - aber da geht es nicht nur um die Landwirtschaft. Da geht es um den ländlichen Raum. Da geht es um die Anlagen, die da gebaut werden für Wärmeversorgung, das sind starke regionale Impulse, wenn wir sagen: Wir wollen bis 2010 die Zahl der mit erneuerbarer Energie beheizten Haushalte von derzeit rund 500.000 auf eine Million erhöhen. Und wir werden beim Verkehr ansetzen.

STANDARD: Das heißt: Biodiesel? Und verpflichtende Äthanol-Beimischung beim Benzin?

Pröll: Da gibt es ein breites Spektum von Möglichkeiten - und da geht es eben nicht darum, nur zu verwalten. Ich habe den Ehrgeiz zu gestalten. Aber ich werde dem Herrn (OMV-Chef Wolfgang) Ruttenstorfer sicher nicht über die Medien sagen: Da kommt eine Verordnung, dass du das und das zu tun hast. Mein Zugang zur Politik ist: Man darf die Partner nicht überraschen, indem man die Karten plötzlich aufdeckt. Die Regierung hat im Klimaschutz Ziele vorgegeben, wir werden die Machbarkeit untersuchen, die Umsetzung verhandeln - und wenn es ausgemacht ist, dann muss es auch fristgerecht gemacht werden. Es darf sich aber niemand der Illusion hingeben, dass ich nicht entscheide, wenn wir zu keinem Konsens kommen. Wenn es keinen gemeinsamen Weg gibt, dann habe ich im Sinne des Klimaschutzes zu handeln.

ZUR PERSON:

Landwirtschaftsminister Josef Pröll ist einer breiteren Öffentlichkeit vor allem durch seinen Onkel Erwin Pröll bekannt. In der Agrarpolitik hat er sich aber durchaus eigenständig einen Namen gemacht - unter anderem als Bauernbunddirektor. Auch in seiner jetzigen Funktion ist er der Gewohnheit treu geblieben, Dienstreisen wenn möglich mit dem Zug zu machen. Zuletzt reiste er sogar zu einem offiziellen Besuch nach Budapest per Bahn.

In den Öffis erfährt er, was die die Österreicher wirklich unter Umweltpolitik verstehen - da wird er nämlich nie auf Nachhaltigkeitskonzepte, aber häufig auf diesen oder jenen Baum angesprochen, der in Pötzleinsdorf oder sonstwo gefällt werde; jeweils mit der dringlichen Aufforderung: "Herr Minister, verhindern’s den Baummord". (cs/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.4.2003)