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Kanzlerin Merkel mit Roboter "Justin" auf der ILA in Berlin

Foto: Reuters/Fabrizio Bensch

Im Stillen wird Angela Merkel Horst Köhler verfluchen. Hätte er das Amt des Bundespräsidenten nicht von einer Stunde auf die andere hingeworfen, dann wäre die deutsche Bundeskanzlerin nicht in einer so prekären Lage. Denn die Wahl eines neuen Staatsoberhauptes hängt mittlerweile wie ein Damoklesschwert über der schwarz-gelben Koalition.

Aus der FDP kam am Mittwoch eine unverhohlene Erpressung. Die bürgerliche Mehrheit für Niedersachsens Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU) in der Bundesversammlung sei "nicht sicher, solange unter den Wahlleuten der FDP das Unbehagen über die Union groß ist", ließ Hessens FDP-Chef Uwe Hahn wissen. Hintergrund der Drohung: Vor allem zwischen FDP und CSU ist das Verhältnis wegen der Gesundheitsreform äußerst angespannt.

Wildsau gegen Gurkentruppe

Gesundheitsstaatssekretär Daniel Bahr (FDP) warf der CSU vor, sich wie eine "Wildsau" zu benehmen, worauf CSU-General Alexander Dobrindt die Liberalen als "Gurkentruppe" verhöhnte. In der FDP steigt zudem die Nervosität, weil in der CDU von Steuererhöhungen für Reiche die Rede ist (siehe Wirtschaft).

Der von Rot-Grün nominierte Ex-Stasi-Aufklärer Joachim Gauck kommt bei vielen Liberalen ohnehin besser an als Wulff. Doch CSU-Chef Horst Seehofer warnt die FDP vor einem Aufstand: "Bei dieser Präsidentenwahl muss das christlich-liberale Lager zusammenstehen." Jeder wisse, was ein Scheitern des gemeinsamen Kandidaten Wulff bedeuten würde: das Aus von Schwarz-Gelb.

Angesichts der vielen Zweifel an seiner Kandidatur baut Wulff in der Zeit schon ein wenig vor und meint: "Es wäre auch nicht unehrenhaft, Ministerpräsident zu bleiben." Und Gauck erklärt im Stern, er habe "eine menschliche Sekunde" lang überlegt, aus Rücksicht auf Merkel auf die Kandidatur zu verzichten. Dann aber sei ihm klar geworden: "Das hätte ich nicht verantworten können." (Birgit Baumann aus Berlin/DER STANDARD, Printausgabe, 10.6.2010)