Die Abstufung auf Ramschstatus dürften die Investoren - nachdem es sich nicht um die erste handelt - diesmal gelassener hinnehmen. Dank des Hilfspakets muss sich Griechenland zunächst auch nicht mehr über die Finanzmärkte refinanzieren.

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New York/Athen -  Aus Sorge vor einem Staatsbankrott schaffen zahlreiche Griechen ihr Geld ins Ausland. In den ersten vier Monaten des Jahres sind nach Angaben der griechischen Zentralbank (Bank of Greece) 18,5 Mrd. Euro abgeflossen.

Allein im April verringerten sich die Geldeinlagen bei griechischen Banken von 268,8 Mrd. Euro auf 260,3 Mrd. Euro, wie aus Informationen der Notenbank laut Medienberichten in Athen hervorgeht. Die Tendenz halte auch im Mai und Juni an. Die Gelder fließen nach den Angaben vornehmlich ins benachbarte Zypern sowie nach Großbritannien - wo vermögende Griechen in den vergangenen Monaten vor allem im Großraum London Immobilien kauften.

Erneut kamen Gerüchte über eine Rückkehr der griechischen Drachme auf, die vom griechischen Finanzministerium umgehend dementiert wurden. Die Athener Staatsanwaltschaft versucht zu prüfen, wo die Gerüchte über die Rückkehr zur Drachme herrühren.

Moody's stuft Hellas auf Ramschstatus

Die Ratingagentur Moody's hat am Montag die Kreditwürdigkeit Griechenlands auf Ramschstatus gesenkt. Moody's stufte das Land ungewöhnlich kräftig gleich um vier Stufen auf "Ba1" zurück. Damit erhöhen sich die Kreditkosten für das hoch verschuldete Land voraussichtlich weiter.

Zur Begründung erklärte Moody's, von den Bedingungen für das 110 Mrd. Euro schwere Hilfspaket der Euro-Zone und des Internationalen Währungsfonds (IWF) an die Griechen gingen große Risiken für das schuldengeplagte Land aus. Schließlich werde Athen zum Sparen gezwungen und dies erschwere das Wirtschaftswachstum. Den Ausblick schätzt Moody's aber weiter als stabil ein. Die US-Börsen büßten nach dem Schritt einen Großteil ihrer Gewinne ein und auch der Euro gab vorübergehend nach.

Moody's-Analystin Sarah Carlson begründete die Absenkung mit "beträchtlichen" makroökonomischen Risiken und Umsetzungsgefahren, die mit dem Hilfsprogramm im Zusammenhang stünden. Es sei unsicher, wie sich all die Maßnahmen auf das Wachstum auswirkten. Diese Ungewissheit sei besser mit einem "Ba1"-Rating in Einklang zu bringen. Dieses berücksichtige das "größere, obgleich niedrige Risiko einer Pleite".

Sukzessiver Abstieg

Im April hatte bereits die Ratingagentur Standard & Poor's Griechenlands Kreditwürdigkeit auf "BB+" und damit ebenfalls auf Ramschstatus herabgestuft. Nach diesem Schritt hatte sich die Schuldenkrise des Landes deutlich zugespitzt. Die Ratingagentur Fitch wiederholte am Montagabend Aussagen von Anfang Mai, wonach sie derzeit keine Pläne hat, Griechenlands Rating zu senken. Derzeit stuft Fitch Griechenland mit BBB-minus ein, was bei Fitch gerade noch Investment-Status bedeutet. Eine Herabstufung auf "Junk" ist auch deshalb problematisch, weil dann einige Investoren aufgrund ihrer eigenen Vorgaben gezwungen werden, sich von solchen Papieren zu trennen

Das griechische Finanzministerium erklärte, die Herabstufung durch Moody's spiegle in keiner Weise den Fortschritt und die Perspektiven des Landes wider. Griechenland will bis 2013 rund 30 Mrd. Euro sparen, um einen Staatsbankrott abzuwenden. Dafür werden unter anderem Löhne im öffentlichen Dienst gekürzt und es gibt Einschnitte bei Pensionen und Renten. Dadurch will sich Griechenland das 110 Mrd. Euro schwere Hilfspaket sichernKritik kam auch von EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn. Der Zeitpunkt sei "erstaunlich und unglücklich" gewesen, sagte Rehn am Dienstag. Die Abstufung berücksichtige nicht die aktuelle Entwicklung des Landes. Damit werde die Debatte über die Rolle und Aufgaben der Ratingagenturen wieder angeheizt. Für den Vorsitzenden der Euro-Gruppe Jean-Claude Juncker ist die "irrational". Die Finanzmärkte hätten die Entscheidungen der EU bezüglich Griechenland falsch interpretiert. Sie würden in "einigen Monaten sehen, dass sie sich getäuscht haben".

Analysten nicht überrascht

Analysten reagierten nicht überrascht auf den Schritt von Moody's. Die Auswirkungen sind auch relativ glimpflich. Das liegt wohl auch daran, dass Moody's nicht die erste Agentur ist, die ihr Rating für Griechenland gesenkt hat. Zudem sei der Ausblick weiterhin stabil und dank des Hilfspakets müsse sich Griechenland zunächst nicht mehr über die Finanzmärkte refinanzieren, heißt es von Analystenseite. Sebastian Galy von BNP Paribas sagte: "Wir handeln damit jetzt seit einer langen Zeit und dass jetzt die Agenturen dies auch feststellen, hat nicht allzu viel Einfluss." Nach der Moody's-Herabstufung stiegen die Kosten für die Kreditausfallversicherungen Griechenland um 15 Basispunkte auf 740 Basispunkte.

Zuvor hatten am Montag bereits Spekulationen über einen baldigen Hilferuf Spaniens in der Schuldenkrise für Unruhe gesorgt. Die Regierung in Madrid räumte wenige Tage vor dem EU-Gipfel ein, die Banken der viertgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone hätten zunehmend Probleme, von internationalen Partnern Geld auf dem Interbanken-Markt geliehen zu bekommen. Dennoch bekräftigte die Regierung in Madrid, nicht auf den Euro-Rettungsschirm zurückgreifen zu wollen. Auch die EU-Kommission erhielt demnach bisher keine Signale dafür.

Kein Übergreifen erwartet

Die Ratingagentur Fitch erwartet nicht, dass die griechische Schuldenkrise auf andere südeuropäische Länder übergreift. "Viele strukturelle Probleme sind allein auf Griechenland begrenzt - Spanien, Portugal und Italien stehen deutlich besser da", sagte der zuständige Fitch-Analyst Brian Coulton am Dienstag in Frankfurt. Deshalb erwarte er im nächsten Jahr keine Herabstufung von Spanien, dessen Kreditwürdigkeit die Agentur derzeit mit "AA+" bewertet. Für Portugal (Fitch-Rating "AA-") habe die Agentur derzeit zwar einen negativen Ausblick. Dies sei allerdings vor allem auf schwache Wachstumsperspektiven zurückzuführen und nicht auf strukturelle Defizite, sagte er.

Merkel warnt vor Spanien-Spekulationen

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel warnte indes vor Spekulationen über die Schuldenkrise in Spanien. Nach einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy sagte sie in Berlin, Probleme sollten nicht herbeigeredet werden. Spanien wisse ebenso wie andere Staaten, dass es den Euro-Rettungsschirm in Anspruch nehmen könne, wenn dies nötig sei. Sollte es Probleme geben, könne der Mechanismus zur Inanspruchnahme des Rettungsschirms rasch aktiviert werden. Beide erklärten zudem, sich beim G-20-Gipfel für eine Finanzmarkt-Transaktionssteuer einsetzen.

Neue Nachrichten aus Griechenland gibt es in Sachen Investorensuche. Griechenland versucht wie berichtet, Länder mit großen Staatsfonds - wie China - als Investoren zu gewinnen, um die geschwächte Wirtschaft in Gang zu bringen. Laut einem Bericht der "Financial Times" (FT) plant China große Investitionen in Griechenland. Die entsprechenden Verträge sollten bei einem Besuch des chinesischen Vize-Ministerpräsidenten Zhang Dejiang am Dienstag in Athen unterzeichnet werden, berichtete die Zeitung unter Berufung auf einen griechischen Regierungsbeamten. Schwerpunkt sollen demnach Investitionen in den Seeverkehr und Telekommunikation sein, auch geplant seien Verträge über den Bau von Schiffen. (Reuters/red)