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ÖNB-Generaldirektorin Johanna Rachinger: "Wir ersparen den österreichischen Steuerzahlern 30 Millionen Euro."

Foto: APA/Pfarrhofer

Wien - Die "sofortige Offenlegung des Vertrags" zwischen Österreichischer Nationalbibliothek (ÖNB) und Google verlangt die IG AutorInnen Autoren. Die Interessenvertretung fürchtet durch die Public Private Partnership, bei der das Unternehmen den urheberrechtsfreien Buchbestand der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB) digitalisiert, die Schaffung eines Präzedenzfalls. Während die Autoren und Verlage "um die Respektierung ihrer Rechte durch Google kämpfen, fällt ihnen die größte österreichische Bibliothek durch eine Partnerschaft mit Google in den Rücken", hieß es in einer Aussendung am Mittwoch.

Als "besonders degoutante Seite" der Kooperation empfinden es die Autoren, dass "Google alle frei gewordenen und frei werdenden Werke durch die ÖNB geliefert bekommt, die sie selbst im Wege der Pflichtablieferung kostenlos und honorarfrei für die Autoren bezogen hat". Mit der Freischaltung der Bücher im Volltext und ihrer Verwendung als E-Books oder für Print on Demand-Ausgaben würden "Verwertungswege der österreichischen Buchwirtschaft unterlaufen und Google zugeführt".

Gleichzeitig betätige sich die Nationalbibliothek als "Eisbrecher" für jede andere Bibliothek in Österreich, "die genau so viele oder noch mehr Gründe finden wird, warum es notwendig ist, ihre Bestände an Google digital weiterzureichen, und die genauso ihre Bücher durch die Ablieferungspflicht kostenlos bezieht", kritisiert die IG.

"Größte Public Private Partnership"

Nicht nur für die Bibliothek sei die künftige Zusammenarbeit "ein Meilenstein", hatte  ÖNB-Generaldirektorin Johanna Rachinger am Dienstag bei einer Pressekonferenz im Prunksaal der Nationalbibliothek erklärt: "Es handelt sich um die bisher größte Public Private Partnership in der österreichischen Kulturlandschaft, auch europäisch gibt es nur wenige Kooperationen dieser Größenordnung."

Mit eigenen Mitteln wäre das Projekt nicht zu bewältigen, schilderte Rachinger. Google trage die gesamten Digitalisierungskosten, die pro Buch zwischen 50 und 100 Euro koste und in Bayern durchgeführt werde ("Das ist mit dem Denkmalamt abgeklärt."). 400.000 Bände vom 16. bis ins 19. Jahrhundert (mit Ausnahme jener Bücher, bei denen konservatorische Bedenken dagegen sprechen) sollen dabei im Volltext erfasst werden - rund 120 Millionen Buchseiten sind danach online und kostenlos abrufbar. "Anders gesagt: Wir ersparen den österreichischen Steuerzahlern 30 Millionen Euro", rechnete Rachinger vor. Die Vorarbeiten starten sofort, ab dem kommenden Jahr wird digitalisiert, das Projekt ist auf sechs Jahre anberaumt.

Sicherung "für den Katastrophenfall"

Google hat derzeit rund zwei Millionen Werke über Verlagspartnerschaften und mehr als zehn Millionen Werke aus über 40 Bibliotheken wie jenen von Harvard, Stanford und Oxford, die Bayerische Staatsbibliothek oder die Nationalbibliothek von Rom und Florenz abrufbar. "Wir befinden uns in bester Gesellschaft", sagte Rachinger, die darauf verwies, dass damit auch "für den Katastrophenfall" gesichert sei, dass zumindest die Digitalisate verfügbar blieben.

"Ich bin überzeugt davon, dass damit auch neues Wissen generiert wird", verwies die Generaldirektorin auf die Tatsache, dass künftig nicht nur Online-Kataloge, sondern auch Suche in digitalisierten Inhaltsverzeichnissen, Personenregistern und in Volltexten möglich sein werde. "Man kann davon ausgehen, dass es zu interessanten Entdeckungen und Neubewertungen kommen wird", zeigte sich auch ÖNB-Projektleiter Max Kaiser zuversichtlich, der durch das systematische Durchkämmen der Bestände auch "mit einigen Überraschungen und Entdeckungen in unseren Magazinen" rechnet: "Wir werden buchstäblich Regal um Regal unserer Bestände digitalisieren, einschließlich der Werke im Prunksaal."

Keine Werbung

Google habe "kein Monopol" über die Nutzung der digitalisierten Bestände, versicherte Rachinger. Die über die Online-Suche der ÖNB einsteigenden Nutzer würden keineswegs automatisch auf Google Books weitergeleitet. Die Kooperation sei auch kein Präjudiz für eine eventuelle spätere Kooperation etwa im umstrittenen Bereich der Digitalisierung urheberrechtlich geschützter Werke. "Es sind ausschließlich urheberrechtsfreie Werke, und dabei werden wir auch bleiben!"

Karl Pall, Country Manager von Google Austria, zeigte sich "mit Stolz erfüllt" und "sehr froh, dass es uns gelungen ist, die Nationalbibliothek in unser Portfolio aufzunehmen": "Ich kann mich noch erinnern, wie live berichtet wurde, dass die Hofburg brennt - es war schrecklich!" Google Books werde nicht kommerzialisiert und mit Werbe-Bannern versehen. Immerhin räumte Annabella Weisl, Leiterin von Google Bücher Deutschland, Österreich, Schweiz, ein, dass auch Google profitiere, "weil die Internetnutzer diese Informationen bei uns suchen, unsere Dienste verwenden - und dann hoffentlich bei ihrer nächsten Suche wieder kommen".

Ein Google-Monopol steht jedenfalls nicht ins Haus: Die Nationalbibliothek behält Kopien der digitalisierten Werke und wird diese auch in Europeana einbringen, das EU-Gegenstück zu Google Books. (APA)