Wer glaubt, dass ein Besuch beim Schachtelwirt zu einer Genusstour passt wie ein Löffel zu einem Teller Spaghetti, hat ja recht. Allein, wir hatten keine andere Wahl, wollten wir die erzwungene Pause zur Nahrungsaufnahme nutzen. Und außerdem steht die Julia auf den Fisch im Zuckersemmerl – und ich kann bei den Stab-Erdäpfeln nicht widerstehen.

Foto: Guido Gluschitsch

Die erzwungene Pause haben wir uns mit dem Nagel eingehandelt, den sich Hansjörg in den Reifen gefahren hat. Christoph Slawik hatte natürlich eine riesige Freude mit mir, als ich ihm von unserem Problem erzählte – und dabei gleich untermischte, dass mir tags zuvor die Adventure umgerumst ist, als ich schnell bei einer Abfahrt für ein Foto absprang und die GS über den Ständer gehupft ist. Passierte aber kaum was. Mein Haxerl hat die große BMW sanft abgefangen.

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Auf die Schnelle ein Ersatzmotorrad aufzutreiben ging nicht. "Alle Presse- und Testmotorräder sind unterwegs. Auch wenn sie bei dem Wetter vermutlich eh in irgendeiner Garage stehen", fand Christoph heraus. "Ihr müsst den Reifen tauschen. Hilft alles nichts." Den Vorschlag von Hansjörg, einfach mit dem Nagel im Pneu weiterzufahren, wollte niemand annehmen. Am allerwenigsten Julia.

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BMW Bierbaum hätte zwar gerne geholfen, hatte aber keinen passenden Reifen im Lager. BMW Wien hatte einen passenden Reifen, eine Werkstatt voller Motorräder, eine Liste voller Aufträge für den heutigen Tag und einen Mechaniker auf der Liste mit den Krankenständen.

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Entsprechend groß war die Freude, als ich mit "Bitte, so schnell wie möglich" meine Fürsprache beendete. Wenn wir was Essen wollten, sollten wir rüber zum Nachbarn gehen, weil in rund einer Stunde könnten wir weiterfahren. Und so war es dann auch.

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Vom Burgenland nach Wien ritten Hansjörg und Julia auf der Adventure. So recht begeistert waren von der gelben GS aber beide nicht. Der Julia hatte sie zu wenig Windschutz, "und das Wasser von der Straße spritzt einen eher an." Hansjörg konnte nicht genau sagen, was ihm nicht passt. Er meinte, er hätte sich einfach schon sehr an die RT gewöhnt, und die GS ist nun halt anders.

Foto: Guido Gluschitsch

Ich, auf der genagelten RT, war auch nicht glücklich. Aus irgendeinem Grund tat das alles nicht so, wie ich wollte. Durch die mächtige Verkleidung ist die RT anfälliger für Seitenwind, ja, aber das war keine BMW, die ich da fuhr. Bis mir einfällt, dass ich das ESA, das elektronische Fahrwerk nicht angepasst habe. Rein auf den Rastplatz und von "Zwei Personen-Normal" auf "Eine Person mit Gepäck-Sport" umgestellt, und die Welt war wieder blau-weiß.

Foto: Guido Gluschitsch

Hansjörg und Andreas merken keinen Unterschied, was auch immer sie im ESA einstellen, ich hingegen finde den Unterschied enorm und würde den Knopf nicht mehr missen wollen. Hansjörg meint dazu: "Schau, ich bin das Fahrwerk der alten Dominator gewohnt. Da ist alles andere besser. Für die feinen Unterschiede dürfte mir die Erfahrung fehlen, die zum Beispiel der glu hat, wenn er dauernd alle möglichen Motorräder fährt."

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Weil wir schon in Wien waren, fuhren wir schnell aufs Cobenzl hinauf. Hansjörg hatte mit dem neuen Hinterreifen auf dem nassen Kopfsteinpflaster kein Problem und ließ sich nicht abschütteln. Oben, am Parkplatz, erklärte Andreas den beiden Steirern, was sie alles sehen können.

Foto: Guido Gluschitsch

Wir fuhren alle nördlichen Hausstrecken der Wiener ab - vom Exel- bis zum Riederberg. Wir sahen das als Entschädigung für die langen, faden Straßen, die uns dann bis zu unserem Tagesziel führten: dem Hotel Althof in Retz.

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Bevor wir dort aber dem Fisch und dem Spargel huldigen, haben Andreas und Simone die Idee, die Sandkeller von Retz zu besuchen. Eineinhalb Stunden dauert die Führung durch das unterirdische Retz, das größer ist als der Stadtkern. Damit wir während der Wanderung nicht darben müssen, besorgte Andreas noch eine Flasche Retzer Roten und ein paar Plastikbecher, wobei die Becher, ehrlich gestanden, genau das richtige Gebinde für den edlen Tropfen waren.

Foto: Guido Gluschitsch

Ganz schön sauer dürfte auch der Wein gewesen sein, dem Retz seinen ursprünglichen Reichtum verdankt. Sortenreine Weine gab es nicht, aber trotzdem wurde der Rebensaft bis nach Russland exportiert. "Die Gewerkschaft setzte damals durch, dass auf dem Fuhrwerk ein 40 Liter Fass Wein für den Fahrer drauf war", erzählt der charmante Touristenführer.

Foto: Guido Gluschitsch

Er zeigt uns auch die Kapelle unter dem Standesamt und erzählt uns auch die Geschichte dazu: Dass die Kirche zum Rathaus umfunktioniert wurde, indem die Retzer eine Zwischendecke einzogen, oben die Ämter ausbauten und im unteren Teil, der jetzigen Kapelle, einen Stauraum schafften.

Foto: Guido Gluschitsch

Er zeigt uns die Dampflöcher, durch welche die unterirdischen Gänge be- und entlüftet werden, von oben und unten – und da sehen wir auch die Wurzeln eines Baumes. Nach der Generalprobe, sich die Radieschen von unten anzuschauen, leitet er uns beim Vinarium des Hotel Althof wieder ans Tageslicht.

Foto: Guido Gluschitsch

Es waren nur wenige Schritte vom Weinkeller bis zum Tisch, aber es waren doch einige Achterl vom Tisch bis zum Bett. Erst die Weinbegleitung zum viergängigen Menü, und dann plauderten wir noch ein paar Stunden bei ein paar Gläsern Grüner Veltliner ziemlich frei von der Leber weg von den Läusen, die uns drüber gelaufen sind und natürlich über Motorräder.

Foto: Guido Gluschitsch

Links:

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BMW Wien

Stadtgemeinde Retz

Hotel Althof

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