Barbara Horejs sucht Spuren der Jungstein- und Kupferzeit.

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Barbara Horejs schaut Horatio Caine wirklich nicht ähnlich. Die Archäologin hat mit dem Ermittler in der TV-Serie CSI Miami auch sonst ziemlich wenig gemeinsam - mit Ausnahme zweier Kleinigkeiten: Ihr Nachname klingt ein wenig wie der Vorname des bewaffneten Forensikers. Und sie ist mindestens ebenso genau bei der Arbeit wie er, weshalb sie wohl auch diesen Spitznamen bekommen hat: In der antiken Ausgrabungsstätte Ephesos, wo sie als Angestellte des Österreichischen Archäologischen Instituts auf dem Hügel Çukuriçi Höyük, etwa einen Kilometer vor dem Stadtzentrum, erstmals Spuren des Neolithikums in Westanatolien gefunden hat.

Der gesellschaftliche Wandel vom Jäger und Sammler zum sesshaften Bauern, der im Orient begann, war davor von Archäologen in Ostanatolien und in Griechenland nachgewiesen worden. Dazwischen, in Westanatolien, war ein weißer Fleck im historischen Atlas. In Fachkreisen sprach man angesichts des Fundes von einer Sensation.

Doch Horejs, 1976 in Wien geboren, wusste aufgrund geologischer Voruntersuchungen, dass das erst der Anfang sein konnte. Um weiterarbeiten zu können, benötigte sie aber wie die meisten österreichischen Forscher Förderungen des Staates, die sie nun zugesprochen bekam: Vergangene Woche erhielt sie einen der sechs mit jeweils 1,2 Millionen Euro dotierten Start-Preise von Wissenschaftsministerium und FWF. Der renommierte Nachwuchspreis ermöglicht sechs Jahre Arbeit in einem interdisziplinären Team - unter anderem mit Physikern, Chemikern, Anthropologen, Mineralogen, Geologen, Zoologen, Anthrakologen (Holzspezialisten).

Horejs will an zwei Stellen des Hügels graben: An der einen vermutet sie Funde, die noch weiter vordatiert werden können als die bisher entdeckten Siedlungsreste - etwa 6600 Jahre vor Christus, schätzt die Archäologin. Eine zweite größere Fläche oben auf dem Hügel wird auch analysiert: Hier meint Horejs Spuren aus dem 4. Jahrtausend vor Christus zu finden. Interessant sind für sie an beiden Grabungsplätzen: Lebensgewohnheiten; die Frage, inwieweit Tiere domestiziert wurden, inwieweit Pflanzen nutzbar gemacht wurden und welche metallurgischen Fähigkeiten die Menschen der Jungstein- und Kupferzeit hatten. Oben auf dem Hügel erwartet sie auch Nachweise eines massiven Kliamwandels. Die derzeitige Arbeitshypothese: Es gab Wald, worauf Reste von Wildtieren hindeuten, die diesen Lebensraum brauchen. Danach kam es zu einer Versteppung.

Wird nach den sechs Jahren alles entdeckt sein? "Nein, das Schöne an der Archäologie ist, dass man nie damit fertig sein wird." Horejs, die schon als Kind mit den Eltern die Akropolis besuchte und später im Gymnasium Ilias und Odyssee schätzen gelernt hat, hofft, dass mit dem Start-Preis die prähistorische ägäisch-anatolische Forschung in Österreich etabliert wird. Vorlesungen an der Uni Wien, die sie im kommenden Semester gemeinsam mit einer Kollegin halten wird, sollten dazu beitragen. Sie selbst hat sich diese Fachkenntnisse noch an der Freien Uni Berlin holen müssen.

Die Zeit, die sie rund um die Preisverleihung gerade in Wien verbringt, nützt sie auch für ein Hobby: Fußballschauen. "Ein Traum, dass gerade jetzt die Fußball-WM läuft." (Peter Illetschko, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23. Juni 2010)