Inge Astruck hat sich die Ausstellung angesehen. Nicht nur weil sie in der Nähe der Schule wohnt, sondern auch weil sie dort gelernt hat - zumindest solange sie durfte. 1942 wurde die damals 14- Jährige von der Schule verwiesen: "Die Schülerin wird aufgrund des Erlasses des Herrn Reichsministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung vom 2. Juli 1942 E II e 1597 von der höheren Schule verwiesen" steht im Abgangszeugnis. Der darin angeführte Erlass "reinigte" die höheren Schulen von "Mischlingen".
In der Ausstellung, moniert die Pensionistin, kämen ebenjene Opfer der NS-Rassenpolitik mit keinem Wort vor. Umso mehr habe sie sich an der Auschwitz-Formulierung an einer anderen Stelle der Schau gestoßen. "Zunächst habe ich gedacht, es zahlt sich nicht aus, sich aufzuregen - aber ich glaube, wir verdienen es, dass darauf hingewiesen wird, dass man uns von der höheren Bildung ausgeschlossen hat."
Die Matura holte Astruck nach Kriegsende nach. In Kursen, für die das befreite Österreich die Opfer zur Kasse bat.
Exerzieren im Hof
Böse Absicht, betont sie, wolle sie dem Ausstellungskurator keinesfalls unterstellen: Angesichts ihrer Geschichte schmerze es sie aber, dass nirgendwo erwähnt sei, mit welchem glühenden Eifer jene Schuldirektorin, die sie von der Schule warf, die Schüler im Schulhof exerzieren ließ. Oder in Ansprachen den Durchhaltewillen und Endsieg beschwor. Die Dame werde lediglich als "hager" beschrieben. Auch ihre Schuhgröße sei angeführt. "Sie hat sich 1945 umgebracht - das wird mit keinem Wort erwähnt."