Van der Bellen zeigt sich nur fürs Foto im ersten Bezirk. Gegen Bezirksvorsteherin Stenzel will er nicht kandidieren.

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Wien - Das grüne T-Shirt mit seinem Namenszug wurde Alexander Van der Bellen am Freitag von Maria Vassilakou symbolträchtig auf dem Stephansplatz überreicht. Dass Van der Bellen im Wahlkampf der Wiener Grünen mitmischen wird, stand bereits länger fest, unklar war bisher, in welcher Form.

Eines hielt der Neuzugang bei den Wiener Grünen dann auch gleich fest: Entgegen früherer Grünen-interner Überlegungen werde er nicht in der Innenstadt mit Ursula Stenzel (VP) um das Amt des Bezirksvorstehers fighten. "Ich wollte im ersten Bezirk eigentlich nicht wirklich antreten" , räumt Van der Bellen ein.

Der frühere grüne Bundessprecher und Nationalratsabgeordnete möchte stattdessen gern in den Wiener Gemeinderat einziehen, noch viel lieber, wenn es nach der Wahl im Herbst eine rot-grüne Koalition gibt. Am liebsten als Stadtrat? "Man soll das Fell des Bären nicht teilen, bevor die Wahl geschlagen ist" , sagt Van der Bellen. Nachsatz mit Schmunzeln: "Obwohl das Sprichwort für einen Grünen wohl nicht ganz politisch korrekt ist."

Van der Bellen wird in Wien in einen Vorzugsstimmenwahlkampf gehen - rund 12.000 Stimmern bräuchte er für ein Direktmandat. Das sei "zwar der Hammer, aber nicht unmöglich" . Er wird auf Platz 29 der Landesliste antreten und kandidiert zusätzlich in vier Wahlkreisen, in denen die Bezirke Innere Stadt, Wieden, Margareten, Mariahilf, Neubau, Josefstadt, Alsergrund, Ottakring und Währing liegen. Die ersten 28 Listenplätze wurden im November im basisdemokratischen grünen Wahlmodus ermittelt. Ab Rang 29 sind genügend Vorzugsstimmen notwendig, um einen der fix gewählten Kandidaten zu überholen.

"Harakiri mit Anlauf"

Punkten möchte der Professor wenig überraschend mit seiner Wirtschaftskompetenz, den Themen Bildung, Integration sowie den "klassischen Ökofragen" . Und Van der Bellen gab auch gleich eine Wahlempfehlung in Richtung SP ab - nämlich, sich nach dem 10. Oktober für die Grünen als Koalitionspartner zu entscheiden. "Denn: "Rot-Schwarz again wäre Harakiri mit Anlauf."

Doch gerade das, die politische Selbstentleibung, wird den Stadtökos derzeit attestiert. "Es hat in zwei von 23 Bezirken bei Listenerstellungen Konflikte gegeben" , sagt Maria Vassilakou. "Na und?" Demokratie sei nun mal eine schwierige Übung. Punktum. Was andere öffentlich ausgetragene Machtkämpfe nennen, bezeichnet Vassilakou als "Transparenz" . Im elften Bezirk hätten sich vor den letzten Wahlen auch zwei grüne Bezirksrätinnen abgespalten. "Allerdings hatten wir nur die zwei."

Die Klubobfrau der Wiener Grünen sieht weiterhin "gute Chancen" , dass der sechste Bezirk von Rot auf Grün umgefärbelt werden kann, obwohl sich am Donnerstag eine eigene Liste abgespalten hat. "Echt Grün" wird im Herbst im Bezirk antreten. Die achtköpfige Splittergruppe rund um Manfred Rakousky sah in der Wahl der langjährigen Gemeinderätin Susanne Jerusalem zur Bezirkskandidatin einen "Putsch" der Landespartei. "Susanne Jerusalem ist mit 32 von 44 Stimmen gewählt worden" , betont Vassilakou. Es sei bedauerlich, aber nicht zu ändern, dass diese Gruppe eine demokratische Entscheidung nicht akzeptiere.

Ebenso habe im achten Bezirk der bisherige grüne Bezirksvorsteher Heribert Rahdijan eben in einer Kampfabstimmung gegen den neuen Grünen-Kandidaten Alexander Spritzendorfer verloren. Rahdjian wollte weiterhin auf Platz eins kandidieren, allerdings nur unter der Bedingung, dass seine Stellvertreterin, mit der er nicht konnte, nicht mehr antritt.

Signal an VP-Wähler

Für den Politikexperten Thomas Hofer kommt die Präsentation Van der Bellens daher nicht von ungefähr. "Das ist der Versuch, die Querelen der letzten Zeit mit einer guten Nachricht rauszudrängen." Der grüne Hoffnungskandidat sei auch eine Ansage in Richtung Volkspartei. "Van der Bellen könnte es durchaus schaffen, der ÖVP einige bürgerliche Stimmen wegzunehmen." Dies sei im Match um Platz drei "der erste Offensivpunkt" für die Grünen.

Dass sie noch weitere Treffer erzielen muss, ist sich Spitzenkandidatin Vassilakou, die sich als "Kapitän einer Fußballmannschaft" sieht, bewusst. Und sie zitiert einen legendären Ausspruch von Hans Krankl: "Wir müssen gewinnen, alles andere ist primär." Auf welcher Position sich Van der Bellen sieht? "Libero" , sagt er und muss sich umgehend von den anwesenden Journalisten belehren lassen, dass eigentlich nur noch Viererkette gespielt wird. Die letzte Mannschaft, die mit einem Libero erfolgreich war, waren übrigens die Griechen, als sie 2004 Europameister wurden. (Bettina Fernsebner-Kokert/DER STANDARD Printausgabe, 26.6.2010)