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Adam Zielinski, vielfach ausgezeichneter Autor und Unternehmer.

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Wien - Er war in der Literatur ein Spätberufener. Adam Zielinski hat lange mit der Absicht zu schreiben gelebt und dabei so vieles erlebt, dass es für mehr als nur ein Menschenleben gereicht hätte. Dass die Erinnerungen an ein solches Leben literarisch aufbewahrt werden müssen, scheint da nur eine logische Konsequenz zu sein. Doch es vergingen 60 Jahre, bis Zielinski auch tatsächlich die Zeit fand, die über Jahrzehnte hinweg angesammelten literarischen Notizen 1988 zu einem Buch zu formen - dem glücklicherweise noch viele folgen konnten.

Adam Zielinski wurde 1929 in Drohobycz geboren, das damals polnisch war und heute zur Ukraine gehört. Das Verschwinden seiner Heimat thematisierte Zielinski immer wieder und in allen Facetten. Ihm lag daran, dass Galizien nicht vergessen wird. Seinem Biografen Ulrich Schmidt (Die neun Leben des Adam Zielinski bei Wieser) sagte Zielinski darüber: "Galizien ist ein Begriff, der nur in unseren Köpfen existiert. Es ist ein geografisches Revier, das auf keiner Karte zu finden ist. Trotzdem, Galizien existiert in unseren Herzen und in unseren Gehirnen."

Zielinski war einer von 19 Juden aus seinem Heimatort, die den Holocaust überlebten. Die anderen 18.000 wurden von den Nazis ermordet, so auch Zielinskis Eltern - da war der Bub zwölf und floh nach Lemberg.

Nach dem Krieg studierte er in Krakau und Warschau, arbeitete für den polnischen Rundfunk. Nach 1956 kam er nach Wien, wo er blieb, eine neue Heimat fand und erfolgreich sein eigenes Import-Export-Unternehmen aufbaute. Adam Zielinskis pralle Biografie listet fortan Reisen in den fernen Osten, Studien in den USA, prominente Auftritte in Polen auf.

In Zielinskis Büchern, die von Lojze Wieser sorgfältig in einer zehnbändigen Werkausgabe verlegt wurden, wird die Erinnerung an die verlorene Heimat und die Familie, an die Schrecknisse des Holocaust behutsam bewahrt: in einem schlichten, Zuversicht versprechenden Stil der Gelassenheit und sanften Ironie. Adam Zielinski war kein wütender Autor, obwohl seine Bücher einen sozialkritischen Anspruch haben.

Im August wird im Wieser Verlag Zielinskis letztes Buch posthum erscheinen: <i>Im Schtetl</i> spürt Zielinski noch einmal jener galizischen Region nach, die durch den Zweiten Weltkrieg spurlos verschwunden ist und erzählt die Geschichten einer jüdischen Gemeinde, die sich in einer unfreundlichen, nichtjüdischen Umgebung einrichten muss.

"Alle meine Bücher erschienen aus reinem Protest heraus", sagte Zielinski einmal. "Gegen die versklavende Heuchelei der Religion, gegen den Faschismus, gegen Gier und Machtgelüste. Denn Sie müssen etwas zu sagen haben, sonst werden Sie immer nur ein Wortklauber bleiben". Adam Zielinski hat uns viel gesagt. Er starb nach kurzer, schwerer Krankheit in der Nacht zum Sonntag in Wien. (Isabella Pohl, DER STANDARD/Printausgabe, 28.06.2010)