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Wenn England gegen Deutschland 4:1 verliert... Rod Stewart.

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Wien - Wenn England gegen Deutschland 4:1 verliert, was dem Bruch hiesiger Europareife gleichkommt, muss Österreich schon auch büßen. Rod Stewart, der professionell Fußball schauende Gesangsnebenerwerbsmultimillionär aus dem Londoner Stadtteil Beverly Hills, rümpft in der mit Altersgenossen im Hacklerregelungsalter bezüglich eines dank der Zugaben wie Maggie May und "I am sailing!" späten Konzertendes durchaus toleranzbereit vollgesessenen Wiener Stadthalle die Nase. Nichts da, heute Dienst nach Vorschrift.

Das geht so nicht, das wird so nichts, das alles geht sich gar nicht aus. Nach einigen ungelungenen Arbeiten über das große American Songbook und fröhlich ins vorsenile Power-Rentner-Dasein weisenden Sichtungen der US-Soulgeschichte unter besonderer Berücksichtigung der zentralen Wuchteln wie Georgia On My Mind tänzelt sich Rod tapfer durch alte Hits wie Love Train, Downtown Train oder Es Geht Ein Train Auf Reisen sowie Sweet Little Fahrkarten-Kont'Roller, Glaubst du Ich Bin Sexy Bimmelbahn und Fav-O-Rhythm Of My Heart.

Das Hemd klebt bald auf dem Bauch. Die dünnen Beine zucken zum vom bitteren dunklen Bier aus dem Land der bleichen Löwen verklebten Takt des von Ironie ungestraften Heimweh-Melancholikers. Der Held träumt in der kunstblondierten Übersättigung der Wahlheimat Los Angeles seit Jahrzehnten von künstlerischer Ent-arschbackung zu Hause bei Mutti im Land der schlechten Zähne.

Dieses Eingeständnis eines wohleingerichteten, nichtsdestotrotz entfremdeten Lebens zwischen Swimming und Pool, Platin und Blond und Chips statt Fish, schließlich Celtic und Football, führt ins wohltuende Nichts eines frühen Sonntagabends. An dem geht es eben nicht länger um Fußball und den Sieg der Gerechten.

Unser begeistertes Händepaschen während der grottenschlechten Geschmacksverirrung It's A Heartache deutet darauf hin:

Bei Rod Stewart, diesem durch und durch sympathischen Darsteller eines proletarisch-aufgeklärten Superstars mit der Tendenz zu Thomas Gottschalk, dürfen wir ohne Scham sein, was wir immer schon waren. Wir sind keine Peinlichkeit und Sentimentalitätsfalle scheuende alte Säcke, die darauf stolz sind, schon seit mindestens 1979 behauptet zu haben, dass das mit der modernen Musik nun vorbei sei. Rock on! (Christian Schachinger, DER STANDARD/Printausgabe, 29.06.2010)