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Opulente Orchesterprogramme: Thomas Angyan

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Wien - Thomas Angyan darf man sich zur Zeit als zufriedenen Veranstalter vorstellen. Meinte er im vergangenen Krisenjahr, dass möglicherweise bei den Sponsoren 2010 "das dicke Ende" noch kommen könnte, berichtet er nun vom Gegenteil. Die Bank Austria hat ihre Unterstützung erheblich aufgestockt, weshalb der Chef des Musikvereins darauf hinweist, dass sein Haus nun mehr Sponsorengelder bekommt als öffentliche Subventionen (eine Million).

Er kann es durchaus brauchen. Das opulente Programm, das er jährlich präsentiert, hat es nämlich auch kostenmäßig in sich. Wer, wie Angyan, sein Publikum mit einer großen Menge an internationalen Spitzenorchestern und Dirigenten versorgt, kann dieses Angebot nicht einfach reduzieren, ohne leere Sitzplätze zu produzieren. Er muss das Niveau halten, nun denn: Kommende Saison reisen unter anderem das Gewandhausorchester Leipzig, die Sächsische Staatskapelle Dresden, das Orchestre de Paris und das Orchestre National de France zu Orchesterresidenzen an - insgesamt kommen 17 ausländische Klangkörper zu 40 Konzerten.

Geld ist mit den Kalibern (die Fixkosten!) jedoch kaum zu verdienen. Als Extrembeispiel kann man Schönbergs opulente Gurrelieder anführen, die in der übernächsten Saison, wenn die Gesellschaft der Musikfreunde ihren 200. Geburtstag feiert, zweimal aufgeführt werden. Angyan zückt den Taschenrechner und kommt schließlich nach einer Weile auf Gesamtkosten (Philharmoniker, Solisten, drei Chöre) von 500.000 Euro. "Da würden dann 300.000 Euro fehlen. Um die einzuspielen, müsste ich 300 Euro Eintritt verlangen. Auch um solch aufwändige Projekte zu ermöglichen, ist die Erbschaft da, die wir gemacht haben."

Selbige beläuft sich übrigens auf 4,8 Millionen Euro. Womit verdient der Musikverein dann eigentlich wirklich Geld? "Mit Solistenabenden, mit Kammerorchestern und mit Vermietungen. Da ist etwa das Mozartorchester in Kostümen, das im Sommer 80 Konzerte gibt. Darüber kann man die Nase rümpfen. Ich jedoch kann auf eine Million Euro Mieteinnahmen nicht verzichten. Für uns ist das Orchester nach den Sponsoren der zweitwichtigste Partner. Natürlich trage die Abonnenten die Hauptlast - ohne die ginge gar nichts."

Weil man schon beim Geld ist: Der Beitrag der Wiener Festwochen für das alljährliche Musikfest, bei dem sich der Musikverein mit dem Konzerthaus abwechselt, hat sich reduziert. "Von den 436.000 Euro 2004 sind wir jetzt bei 100.000 Euro. Wenn ich ein Riesendefizit mache, kommen noch maximal 100.000 Euro von den Festwochen dazu. Ich glaube nicht, dass das für das Konzerthaus gilt, aber ich weiß es nicht."

Die Summe ist wohl ein Kompromiss, da es nicht gelang, das Festwochenmusikfest thematisch an die Festwochen anzubinden, was letztere verlangten.

"Meine Bereitschaft zu kooperieren, ist da. Das Problem ist: Ich kriege immer einen Lacher als Antwort, wenn ich sage: ,Freunde, ich müsste jetzt nach dem Sommer wissen, was bei euch 2014 Thema ist.‘ Festwochenmusikchef Stephane Lissner ist ein Superprofi, an seiner Mailänder Scala plant er bereits die Saison 2015/16. Der müsste wissen, wie das bei uns funktioniert. Da sind meinerseits überhaupt keine persönlichen Ressentiments gegen Lissner oder die Festwochen. Lissner sagt jedoch: Ein Festival zu planen, sei anders, als eine Saison vorzubereiten."

Angyan will auch die Festwochenkonzerte in Abonnements eingebettet sehen, auch deshalb sein Wunsch nach langfristiger Planung. "Ich kann Künstlern wie etwa Pierre Boulez gegenüber nicht verantworten, dass sie womöglich in einem ziemlich leeren Saal dirigieren." (Ljubiša Tošić, DER STANDARD/Printausgabe, 29.06.2010)