Manchmal ganz eng: Kanzler und Vize.

Foto: Matthias Cremer

Wien - Es wurde gestritten bis zuletzt. Und beide Koalitionspartner unterstellten einander niedrige Motive: die anstehenden Wahlen in der Steiermark und in Wien. Vom jeweils anderen hieß es: Die SPÖ / die ÖVP wolle die Verhandlungen bewusst platzen lassen.

Verhandelt wurden zuletzt Details der sogenannten Transparenzdatenbank, die wiederum Bedingung für die Einführung der Mindestsicherung ist.

Gipfeltreffen im Kanzleramt

Die Zeit drängte. Denn am Mittwoch soll zur neuen Unterstützung für Bedürftige ein Beschluss im Sozialausschuss erfolgen. Am Montagnachmittag setzten sich noch einmal die Chefs zusammen. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und sein Vize Josef Pröll (ÖVP) verhandelten ab 16 Uhr. Und auch da beschworen draußen ihre jeweiligen Gewährsleute eifrig die unglaubliche Sturheit des Koalitionspartners bei den Verhandlungen.

Eine halbe Stunde später trat das rot-schwarze Regierungsduo schließlich lächelnd vor die Presse. "Wir haben uns geeinigt" , sagte Faymann in beruhigendem Ton. "Es wird die Mindestsicherung geben. Und es wird auch die Transparenzdatenbank geben."

Konkret sieht der Kompromiss von Faymann und Pröll vor, dass der Bund bereits Anfang 2011 die Datenbank mit seinen Sozialtransfers und Subventionen anfüttert, das entspricht ohnehin 80 Prozent des Gesamtvolumens an Förderungen. Auch ein entsprechendes Gesetz soll es bis zu diesem Zeitpunkt geben.

Parallel dazu wird mit den Ländern bis Mitte 2011 verhandelt, wann sie ihre Förderungen einspeisen. Ziel ist es, eine sogenannte 15a-Vereinbarung mit sämtlichen Ländern zu erreichen.

Sobald ein Bundesland grünes Licht dafür gibt und seinen Datenschatz zur Verfügung gestellt hat, können die Bürger und Landesbehörden die entsprechenden Daten auch abrufen, der Bund soll freilich bereits ab 1. Jänner 2011 völligen Einblick haben können.

Sollte sich eines der Länder jedoch weigern, an der Datenbank mitzuwirken, droht der Bund mit einem Verfassungsgesetz. Bis spätestens Anfang 2012 sollen im Ernstfall widerspenstige Länder mit einem solchen gezwungen werden, auch gegen ihren Willen die Förderdaten für die Transparenzbank herauszurücken. Für ein solches Vorgehen brauchen die Regierungsparteien allerdings die Zustimmung zumindest einer Oppositionspartei, also von Blau, Grün oder Orange.

Zufriedenes Regierungsduo

Nach tagelangem Tauziehen herrschte am Montagabend an der Regierungsspitze wieder beidseitige Zufriedenheit. Faymann betonte, dass mit der Einigung nun die von der SPÖ gewünschte Mindestsicherung in Kraft treten könne: "Wir sparen nicht auf den Schultern der Ärmsten, auch nicht in wirtschaftlich schwierigen Zeiten." Und Pröll gab sich ostentativ zufrieden über die von seiner Partei geforderte Transparenzdatenbank: "Damit können wir Finanzströme ersichtlich machen."

Der Kanzler und sein Vize gehen übrigens davon aus, dass es nicht nötig sein wird, eines der Länder per Gesetz zur Umsetzung der Transparenzdatenbank zu nötigen. Fortsetzung dazu folgt garantiert. (nw, völ, DER STANDARD, Printausgabe, 29.6.2010)