So oder so ähnlich ...

Rendering: schreinerkastler

... könnte es in der "Seestadt" einmal aussehen.

Rendering: schreinerkastler

Bild nicht mehr verfügbar.

So hat das Flugfeld im August 2007 noch ausgesehen. Wo das Rollfeld war, wird mittlerweile fleißig am geplanten See gebaggert.  In der ersten Etappe bis 2015 errichtet die Entwicklungsgesellschaft Wien 3420 AG die Grünräume sowie die technische Infrastruktur wie Straßen, Kanal usw.

Foto: APA/Schlager

In Wien-Donaustadt entsteht in den nächsten Jahren die "Seestadt Aspern". Auf dem insgesamt 240 Hektar großen Areal rund um das ehemalige Flugfeld sollen nach dem Endausbau in zwei Jahrzehnten rund 20.000 Menschen wohnen und ebensoviele Arbeitsplätze entstanden sein. Am "Herzstück" der Seestadt, dem 50.000 Quadratmeter großen See, wird seit wenigen Wochen gebaut, die ersten Bewohner sollen nach den Plänen der Verantwortlichen schon 2013 in ihr neues Zuhause einziehen. Auch die U2-Anbindung soll bis dahin fertig sein.

Neue Maßstäbe

Die Stadt Wien will in ihrem bisher größten städtebaulichen Vorhaben auch neue Maßstäbe setzen, was die Nachhaltigkeit des Wohnens betrifft. Neue ökologische Konzepte sollen in der Seestadt zum Einsatz kommen, Ziel ist dabei nicht weniger als eine "klimaneutrale Stadt", bei der die Wohngebäude genauso viel Energie erzeugen, wie sie verbrauchen.

Der wohnfonds_wien wird gemeinsam mit den Grundstückseigentümern - GELUP GmbH und Wien 3420 Aspern Development AG - im September den ersten Bauträgerwettbewerb für die Seestadt mit rund 1200 geförderten Wohnungen sowie 300 Heimplätzen für Studierende ausloben, kündigte Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) kürzlich an. Ein zweiter Wettbewerb mit weiteren 850 Wohneinheiten soll im Frühjahr 2011 folgen.

"Fast-Null-Energiehäuser"

Die Seestadt wird laut Plan in drei Etappen errichtet, in Phase 1 werden rund 2000 Wohneinheiten und eine "möglichst große Vielfalt von Handel, Dienstleistung, Büros, Ateliers und öffentlichen Einrichtungen" entstehen. Fixstarter für das Bauträgerwettbewerbsgebiet 1 mit zwölf Baufeldern ist der schwedische Architekt Johannes Tovatt, von dem auch der städtebauliche Masterplan stammt. Er wird das "Stadthaus" für die Seestadt mit öffentlichen Einrichtungen und Wohnungen bauen.

Die Grundlagen für die Bauträgerwettbewerbe der ersten Phase wurden von einer Arbeitsgruppe unter Leitung des Europaforums Wien im Auftrag der MA 50-Wohnbauforschung aufgestellt. Die fünf Schwerpunkte, die in die Ausschreibungen aufgenommen werden, lauten dabei "Klimaneutrale Stadt", "Leistbares Wohnen", "Soziale Nachhaltigkeit", "Funktionale Durchmischung" sowie "Wettbewerb der Technologien und Materialien - architektonische Vielfalt". Unter anderem solle in der Seestadt "Fast-Null-Energiehäusern" der Vorrang gegeben werden, so Ludwig. Außerdem sollen hier "erste konkrete Schritte zum Plus-Energiehaus im mehrgeschossigen Wohnbau" gegangen werden. Für die gesamte Baustellenlogistik werden weiters die "Richtlinien für umweltfreundliche Baustellenabwicklung" (kurz "RUMBA") gelten, so Ludwig. Dadurch sollen tausende LKW-Fahrten vermieden werden.

Qualitätssicherung per "Nachhaltigkeitsausweis"

Um die Qualität der Projekte bewerten zu können, schwebt Vizebürgermeister Ludwig die Erweiterung des "Energieausweises" hin zu einem "Wiener Nachhaltigkeitsausweis" vor. Dieser soll über die technische und funktionelle Qualität eines Gebäudes auch hinsichtlich der Nachhaltigkeit - u.a. Nutzungssicherheit und Barrierefreiheit, ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit, Energieeinsparung, Brand- und Schallschutz etc. - Auskunft geben. Bei der Seestadt Aspern soll dieses System erstmals im geförderten Wiener Wohnbau zur Anwendung kommen.

Sämtliche eingereichten Wohnbauprojekte werden außerdem nach den Kriterien des Total Quality Buildings (TQB) der Österreichischen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (ÖGNB) geprüft. Ebenfalls gefordert wird eine Life-Cycle-Analyse inklusive Angaben zu Erhaltungsmaßnahmen und "Überarbeitbarkeit" von Bauteilen.

Hoher Anteil an Superförderungen

"Die Vergabe der Grundstücke erfolgt im Baurecht, damit entfallen für die zukünftigen Mieter die Grundkostenbeiträge", so Ludwig. Und noch eine weitere Maßnahme soll für leistbaren Wohnraum in der Seestadt sorgen: "Der Anteil an Wohnungen mit Superförderung, für die nur äußerst geringe Eigenmittel notwendig sind, wird mit rund zwanzig Prozent besonders hoch sein."

Mit der Seestadt baue man die "Stadt der Zukunft", zeigt sich Ludwig euphorisch, "weil das oberste Entwicklungsprinzip soziale Nachhaltigkeit ist". Den zukünftigen Bewohnerinnen und Bewohnern werde "großstädtisches Lebensgefühl mit einem dichten Netz an Nahversorgern, Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen, einem bestens ausgebauten öffentlichen Verkehr und in Kombination mit großzügigen Frei- und Grünräumen" geboten, es entstehe schlicht eine "Stadt der kurzen Wege". 

"Satellitenstadt"

Kritiker sehen das ein wenig skeptischer, etwa die Wiener Grünen, die seit geraumer Zeit vor der Gefahr einer "entkoppelten Satellitenstadt" warnen. "Stadtgebiete sollten primär auf innerstädtischen Brachen entwickelt werden", dies sage auch der Stadtentwicklungsplan 2005, so Planungssprecherin Sabine Gretner. Geeignete Flächen seien noch vorhanden. Ähnlich lautet auch die Kritik der Wirtschaftskammer; Thomas Malloth, Fachgruppen-Obmann der Immobilientreuhänder, warnte erst kürzlich vor einer weiteren Entvölkerung der Innenstädte (siehe Artikel). (map, derStandard.at, 30.6.2010)