Washington - Wenn es an etwas in dieser Finanzkrise nicht mangelt, dann ist das Kritik an Ratingagenturen. Zuerst sollen sie den heranziehenden Sturm in der Finanzindustrie verschlafen haben. In den vergangenen Monaten machten sie sich in Europa noch unbeliebter, indem sie mit ihren Bewertungen ganze Staaten zum Wanken brachten. Die US-Agentur Standard & Poor's hat nun mit einer Ankündigung neuerlich für Aufsehen gesorgt. Diesmal geht es aber nicht um Griechenland und Co. Standard & Poor's nimmt den Konkurrenten Moody's ins Visier.

In einer Aussendung droht Standard & Poor's mit der Herabstufung der Bonität von Moody‘s. Die Wahrscheinlichkeit dafür liege bei über 50 Prozent. Zudem warnt die Agentur generell davor, dass Ratingagenturen ein kräftiger Geschäftsrückgang in den USA drohe.

Der Hintergrund: In der geplanten US-Finanzmarktreform finden sich zwei interessante Punkte zu Ratingagenturen. Erstens ruft der Kongress die US-Börsenaufsicht SEC dazu auf, das Geschäftsmodell von Ratingagenturen zu prüfen. Die SEC soll in den kommenden zwei Jahren eine Lösung für das Problem finden, dass Ratingagenturen ihre eigenen Auftraggeber bewerten und damit theoretisch befangen sind. Fällt der SEC nichts besseres ein, wird der Kongress eine staatliche Behörde schaffen, die den Ratingagenturen die Aufträge zuteilt.

Punkt zwei:Im neuen Gesetz wird festgehalten, dass Ratingagenturen haftbar sind, wenn sie "wissentlich oder fahrlässig" wichtige Informationen in ihre Bonitätsbewertungen nicht einbeziehen. Bisher sind alle Klagen in den USA abgeblitzt, weil sich die Agenturen erfolgreich auf das Recht zur freien Meinungsäußerung berufen haben. Die neue Bestimmung werde Klagen gegen Ratingfirmen erleichtern, warnt Standard & Poor's. Für Moody‘s bedeute das höhere Kosten, niedrigere Gewinne. Moody‘s Antwort steht noch aus. (szi, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 1.7.2010)