Wien - Die öffentliche Kapitalspritze beim Verbund weckt Begehrlichkeiten der OMV. Der Öl- und Gaskonzern hofft seit geraumer Zeit auf eine Stärkung seiner finanziellen Basis, die ihm aber der Hauptaktionär ÖIAG verweigert. Die Staatsholding hält 31,5 Prozent und ist mit der IPIC aus Abu Dhabi (20 Prozent) syndiziert. Derzeit wird in der Branche gemutmaßt, dass die Kapitalerhöhung auch ohne ÖIAG durchgeführt werden könnte.

Gerüchten zufolge will sich die OMV rund 800 Mio. Euro vom Kapitalmarkt holen. Ohne Beteiligung der Staatsholding würde diese auf 25 Prozent zurückfallen und Abu Dhabi würde den Partner bei der Beteiligungshöhe überholen. Diese Variante stößt in der SPÖ auf keine Gegenliebe. Man werde die Frage der Verbund-Stärkung mit jener der OMV verknüpfen, hieß es aus Regierungskreisen zum Standard. Auch OMV-Betriebsratschef Leopold Abraham schlägt in diese Kerbe: "Es kann nicht sein, dass der Verbund staatliches Kapital erhält und die OMV nicht." Abraham verweist darauf, dass der Stromkonzern 750 Mio. Euro erhalte, beziehe man den Anteil der Landesversorger aus Wien, Niederösterreich, Tirol ein. "Wir erwarten uns Gleichbehandlung."

Welche konkreten Schritte die OMV nun plant, wird nicht verraten. Die Investmentbanken sind jedenfalls seit mehr als einem halben Jahr mit der Vorbereitung der Maßnahme betraut. Einiges dürfte vom Ausgang laufender Übernahmeverhandlungen abhängen: Einerseits in der Türkei, wo der Öl-Multi seine Anteile an der Petrol Ofisi aufstocken möchte; andererseits hat er ein Auge auf die britische Öl- und Gasgruppe Dana Petroleum geworfen. An ihr ist laut Financial Times auch die südkoreanische Ölgesellschaft Knoc interessiert. Dazu kommt, dass die rumänische Mehrheitsbeteiligung Petrom noch heuer eine Kapitalerhöhung um 600 Mio. Euro plant, von der die OMV mindestens die Hälfte stemmen müsste, um ihre Beteiligung zu halten.

Mehr Wasserkraft

Im Verbund weist man indes kritische Töne von Analysten zurück: Wie berichtet will der Stromkonzern das Kapital um eine Mrd. Euro aufstocken und die Mittel großteils in den Ausbau der Wasserkraft und der Leitungsnetze stecken. Dass mehrere der nun vorgestellten Projekte seit Jahren geplant sind, lässt man nicht gelten. Im konkreten Investitionsplan seien sie bisher nicht enthalten gewesen. Auch Befürchtungen, der Verbund benötige die Kapitalmaßnahme in erster Linie, um eine Ratingverschlechterung zu verhindern, werden zurückgewiesen. Bei der Freudenau liege die Haftung aus der Leasing-Transaktion unter 300 Mio. Euro, wird vom Verbund versichert. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.7.2010)