Wien
- Österreichs Wirtschaft erholt sich nur zögerlich von der massiven
Wirtschaftskrise. Die heimischen Konjunkturexperten sind aber für das kommende
Jahr zuversichtlicher und erwarten ein höheres Wirtschaftswachstum als zuletzt:
Wifo und IHS prognostizieren für Österreich für 2011 ein reales BIP-Plus von 1,6
bzw. 1,9 Prozent. Dafür beträgt das Wachstum heuer voraussichtlich nur 1,2 bzw.
1,5 Prozent, glauben die Wirtschaftsforscher. Grund dafür: Die Investitionen
schrumpfen auch dieses Jahr noch. Dafür entwickelt sich laut Sommerprognose von
Freitag der Arbeitsmarkt unerwartet besser.
Getragen wird die heimische
Konjunktur von den Warenexporten, die heuer real um etwa sechs bis sieben Prozent zulegen
dürften. Auch der private Konsum soll heuer mit 0,9 Prozent real etwas stärker
wachsen als in der Frühjahrsprognose angenommen. Die Arbeitslosenquote nach
nationaler Definition dürfte 2010 und 2011 nur auf 7,2 bis 7,3 Prozent klettert
und nicht wie früher befürchtet bis auf 7,7 Prozent.
Stärker angeheizt
als im Frühjahr gedacht wird allerdings die Teuerungsrate: Die hohen Ölpreise
könnten die Inflation heuer auf 1,8 Prozent treiben und kommendes Jahr sogar auf
2,1 Prozent, nimmt das Wifo an. Auch wenn die Pro-Kopf-Bruttoverdienste zulegen,
werden die Realeinkommen pro Kopf daher heuer und nächstes Jahr netto um je 0,5
Prozent sinken, so das Wifo. Das Defizit des Gesamtstaates (laut Maastricht)
sehen beide Institute - nach einem Anstieg 2010 auf bis zu 4 1/2 Prozent des BIP
- 2011 auf etwa 4 Prozent sinken.
Nachfrage aus Asien und Übersee wirkt positiv
Dass
die österreichischen Warenexporte
heuer kräftig zulegen dürften, ist weniger der
Binnennachfrage im Euro-Raum zu danken. Vielmehr wirkt sich - indirekt - die
Nachfrage aus Asien und anderen Weltregionen aus, erklärte das Wifo am Freitag
in der neuen Konjunkturprognose. Auch die Exporte in die MOEL-Staaten haben sich
zuletzt aber belebt. Zum BIP-Wachstum dürften die Nettoexperte laut Wifo heuer
1,2 Prozentpunkte beitragen, 2011 dann 0,9 Prozentpunkte.
Die
Ausrüstungsinvestitionen werden sich angesichts der niedrigen
Kapazitätsauslastung nur schrittweise beleben, nehmen das
Wirtschaftsforschungsinstitut und das Institut für Höhere Studien an. Heuer
dürften sie - stärker als zuletzt angenommen - um weitere sechs Prozent (Wifo) bzw.
um 1,5 Prozent (IHS) schrumpfen; 2011 sollen sie dann um vier bzw. drei Prozent
wachsen. Das IHS macht für die verhaltene Investitionsbereitschaft der Firmen
neben der niedrigen Auslastung auch ungünstige Finanzierungsbedingungen
verantwortlich sowie die Untersicherheiten über die Wirtschaftsentwicklung. Der
Zunahme des Privatkonsums werde 2010 und 2011 ein Absinken der Sparquote um je
0,2 Prozentpunkte gegenüberstehen, so das IHS.
Budgetkonsolidierung erhöht Teuerung
Für 2011 trifft das Wifo
die "technische Annahme", dass die im Zuge der Budgetkonsolidierung geplante
Anhebung von Abgaben und indirekten Steuern die Inflationsrate um 0,4
Prozentpunkte erhöht. Ferner wird die Euro-Abwertung gegenüber dem Dollar die
Importpreise erhöhen und damit ebenfalls den VPI etwas steigen lassen, so das
Wifo.
Zur heimischen Budgetentwicklung betont das IHS, dass eine
Nichteinhaltung der Defizitziele des Stabilitätspakts auf den Finanzmärkten zu
höheren Risikoaufschlägen führen und damit die Konjunktur belasten könnte. "In
mittelfristiger Sicht ist ein über den Konjunkturzyklus ausgeglichener Haushalt
anzustreben", betont das IHS einmal mehr. Dies erfordere aber "eine nachhaltige
Dämpfung der Ausgabendynamik sowie die Ausschöpfung aller Effizienzpotenziale im
öffentlichen Sektor".
"Nervosität" an
Finanzmärkten
International verweisen Wifo und IHS auf den seit
Anfang 2010 weiter erholten Welthandel, dessen Volumen sich mittlerweile wieder
dem Niveau vor der Krise nähert. Im Euro-Raum, dessen Wirtschaft verzögert von
Abwertung und starkem Welthandel profitiert, sollte sich laut Wifo die starke
Dynamik in Asien und die Erholung in den USA positiv auswirken. Allerdings sei
die Binnennachfrage in der Euro-Zone weiter schwach. Zudem bestünden Risiken in
den makroökonomischen Ungleichgewichten und in der "Nervosität" der
Finanzmärkte, so das Wifo.
Aus Sicht des IHS hat die Weltwirtschaft seit
Mitte 2009 die große Rezession überwunden - freilich mit regional beträchtlichen
Wachstumsunterschieden: Besonders dynamisch entwickeln sich demnach die
Wirtschaften in den Schwellenländern wie China, Indien und Brasilien. Auch die
USA und Japan wachsen. Hingegen fällt die Wirtschaftsbelebung in Europa nur
verhalten aus.
Euro-Raum und EU-27 dürften 2010 aus Wifo-Sicht um 0,9
bzw. 1,0 Prozent wachsen, nach IHS-Meinung um je 1,3 Prozent. Für Österreichs
Haupthandelspartner Deutschland geht das Wifo für heuer von 1,3 Prozent BIP-Plus
aus und das IHS sogar von 1,9 Prozent. 2011 sollten Euro-16 und EU-27 laut Wifo
um 1,2 bzw. 1,4 Prozent expandieren, laut IHS um 1,6 bzw. 1,7 Prozent.
Deutschland sehen beide Institute 2011 um 1,7 Prozent wachsen. Auch für die USA
sind Wifo und IHS einer Meinung, hier wird 2010 und 2011 ein BIP-Plus von 3,0
bzw. 2,4 Prozent erwartet. In China dürfte sich das Wachstum 2011 laut Wifo von
heuer 10,0 auf 9,0 Prozent abschwächen, laut IHS von 10,5 auf 8,5 Prozent. (APA)