Wien - Die geheimsten Dienststellen des Bundesheeres bekommen eine neue Führung - was hinter den Kulissen der Regierung zu heftigen Auseinandersetzungen geführt hat. Verteidigungsminister Norbert Darabos hat am Montagnachmittag überraschend den bisher nur provisorisch mit der Leitung des Abwehramts (AbwA) betrauten Brigadier Edwin Potocnik als Chef des anderen, mit Auslandsaufklärung betrauten Geheimdienstes, des Heeresnachrichtenamts (HNA) beauftragt.

Dafür gäbe es eine Reihe sachlicher Argumente - vor allem zählt, dass Potocnik ein erfahrener Geheimdienstoffizier ist, der ursprünglich aus dem HNAkommt.Es gibt aber auch ein wesentliches Bedenken: Seit die Inlandsaufklärung 1985 aus dem HNA in das damals neu geschaffene Abwehramt ausgegliedert wurde, hat man Bedacht darauf genommen, dass die beiden Dienste nicht derselben Partei zuzuordnen sind. Im HNA war traditionell die ÖVP-Personalvertretung stark und der Leiter war stets der ÖVP zuzuordnen. Mit Potocnik wird nun ein der SPÖ nahestehender Offizier den Auslandsnachrichtendienst übernehmen.

Seitens der ÖVPhat es daher Interventionen gegeben, dass im Gegenzug das Abwehramt einen "schwarzen" Chef bekommen sollte. Weder aus der ÖVP noch vom Verteidigungsministerium wurde so eine Intervention bestätigt, doch sagt ein hoher ÖVP-Politiker hinter vorgehaltener Hand, dass es im AbwA durchaus fachlich geeignete und der ÖVP genehme Mitarbeiter gebe.

Gemeint war offenbar der langjährige stellvertretende Leiter des AbwA, Ewald Iby. Er wurde nun zum dritten Mal bei einer Nachbesetzung übergangen, denn er hatte schon bei der Ablöse von Hofrat Erich Deutsch vor drei Jahren und der Pensionierung von Generalmajor Wolfgang Schneider im Vorjahr als logischer Nachfolger gegolten.

Statt Iby kam nun aber der aus dem Kärntner Bad Eisenkappel stammende Brigadier Anton Oschepp, zuletzt Stabschef beim Streitkräftekommando in Graz, zum Zug. Oschepp gilt als "Nullgruppler" , der keiner Partei zuzuordnen ist - er war auch schon als Militärkommandant von Wien (ein traditionell von Sozialdemokraten besetzter Posten) im Gespräch.

In der ÖVP klingeln aber auch aus einem anderen Grund die Alarmglocken: Im Zuge der Einsparungspläne hat Darabos durchblicken lassen, er könne rund 300 Geheimdienstmitarbeiter abbauen - was die ÖVP keineswegs hinnehmen will. Denn die Geheimdienste liefern nicht nur dem Bundesheer, sondern der gesamten Bundesregierung aktuelle Lage- und Bedrohungsbilder. Im Außenministerium fürchtet man etwa, über aktuelle Entwicklungen nicht mehr ausreichend informiert zu werden, wenn die Dienste des Heeres ausgedünnt werden. (Conrad Seidl, DER STANDARD, Printausgabe, 13.7.2010)