Fruchtkörperbildung in der Kulturschale - das komplette Erbgut des Gemeinen Spaltblättlings wurde entschlüsselt.

Foto: EMPA

Ein internationales Forschungsteam hat das komplette Erbgut des Gemeinen Spaltblättlings entschlüsselt und im Journal "Nature Biotechnology" veröffentlicht. Das Genom (rund 13.000 Gene) des weit verbreiteten, Holz zersetzenden Pilzes eröffnet Einblicke in die einzigartige Enzymmaschinerie, mit der der Weißfäuleerreger Holz schrittweise abbaut – eine Fähigkeit, die sich einer der Forscher, Francis Schwarze von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt in der Schweiz (Empa), unter anderem zur Verbesserung der Klangeigenschaften von Geigenholz zunutze macht.

Hintergrund

Pilze sind perfekte Wiederverwertungsmaschinen; sie zersetzen totes organisches Material und produzieren daraus nährstoffreichen Humus, sind also neben Bakterien die wichtigsten "Destruenten". Dafür haben sie im Lauf der Evolution ganz spezielle Verdauungsenzyme entwickelt, mit denen sie etwa Lignin und andere komplexe Substanzen in verholzten Pflanzen abbauen können – eine fast einzigartige Fähigkeit in der belebten Natur. Doch da viele Pilze nicht nur totes Material, sondern auch lebende Pflanzen besiedeln können, verursachen sie bei wirtschaftlich wichtigen Nutzpflanzen teils erhebliche Schäden.

Geigen

Pilze können aber auch eingesetzt werden, um bestimmte Eigenschaften von Holz zu verbessern. Wie vor knapp einem Jahr berichtet, hatten EMPA-Forscher Holz mit dem Pilz Xylaria longipes, ebenfalls einem Erreger der Weißfäule, behandelt. Zwei der neuen "Biotech-Geigen" traten an einer Veranstaltung in Osnabrück in einem Blindtest gegen eine der berühmten Stradivari-Geigen und zwei weniger renommierte Geigen an. Einer Mehrheit sowohl der Fachjury als auch der übrigen ZuhörerInnen gefielen die Klänge der pilzbehandelten Geige "Opus 58" am besten.

"Die Genomsequenz liefert uns entscheidende Schlüsselinformationen über die Gene der lignolytischen, also Holz zersetzenden Enzyme. Mit diesem Wissen können wir Wildstämme genetisch modifizieren, um dadurch ganz bestimmte Abbauprozesse zu optimieren und zu kontrollieren", so Schwarze. Im nun vorliegenden Genom sieht der Forscher wirtschaftliches Potential: Fichten- oder Tannenholz – beides nicht besonders dauerhaft und widerstandsfähig – könnte besser mit Holzschutzmitteln und anderen Veredlungssubstanzen imprägniert werden. Zudem sollten die Gene, die die Fruchtkörperbildung steuern, wichtige Informationen darüber liefern, wie sich dieser Prozess zum Beispiel für Speisepilze optimieren lässt. (red)