Die vielzitierte Meldung des Standard, dass eine Einigung bezüglich des Bildnisses Wally von Egon Schiele erzielt worden war, raubte dem Vorstand der Stiftung Leopold den Schlaf: Noch in der Nacht auf Mittwoch lud man zu einer Pressekonferenz ein. Der Vergleich mit den Erben nach Lea Bondi-Jarai war zwar schon am Montag erzielt worden, bekanntgegeben werden sollte er aber erst am Donnerstag. Doch Howard N. Spiegler, der Anwalt der Bondis, hatte bereits eine Pressemitteilung versandt.

Peter Weinhäupl, der kaufmännische Direktor der Stiftung Leopold, konnte die Meldung also nur mehr bestätigen. Er präsentierte den Fotografen mit einem breiten Grinsen das Bildnis. Es handelte sich jedoch nur um eine Kopie. Denn das Original befindet sich in New York. Es war im Jänner 1998 nach einer Schiele-Schau im Museum of Modern Art beschlagnahmt worden, weil es im Verdacht stand, Raubkunst zu sein.

Die Einigung mit den Bondi-Erben, die von der Stiftung Leopold 19 Millionen Dollar erhalten werden, kam in letzter Minute zustande: Am 26. Juli sollte der Prozess beginnen. Das US-Gericht hatte beiden Parteien eine solche außergerichtliche Einigung nahegelegt. Die Zwischenfinanzierung übernimmt die Raiffeisen-Landesbank, als Sicherstellung verpfändet die Stiftung fünf Schiele-Gouachen. Nach Eintreffen des Geldes kommt es in New York zur physischen Übergabe. Ab 29. Juli ist das Bild für drei Wochen im Museum of Jewish Heritage zu sehen, erst am 22. August wird es nach Wien transportiert und danach in einer Sonderschau präsentiert.

Neben dem Werk wird ein von der Stiftung und den Bondi-Erben gemeinsam formulierter Text zu lesen sein: „Dieses Gemälde war persönliches Eigentum von Lea Bondi-Jaray, einer jüdischen Kunsthändlerin in Wien, die 1939 nach London floh." Der United States District Court sei 2009 zu dem Schluss gelangt, dass der NS-Kollaborateur Friedrich Welz sich die Wally „widerrechtlich angeeignet habe." Nach dem Krieg wurde das Bild konfisziert, vom Bundesdenkmalamt aber fälschlicherweise an die Erben nach Heinrich Rieger ausgefolgt, und diese verkauften es an die Österreichische Galerie. 1954 schließlich kam es durch einen Tausch in den Besitz von Rudolf Leopold.
Die 19 Millionen Dollar sollen in Tranchen durch den Verkauf von Schiele-Blättern - vornehmlich erotische Zeichnungen, die hohe Preise erzielen - aufgebracht werden. Rudolf Leopold habe vor seinem Tod „in einem tage-, ja wochenlangen Prozess" selbst die Bilder ausgewählt, die endgültige Liste werde der Stiftungsvorstand aber erst erstellen.

„Nach über 70 Jahren wird das an Lea Bondi-Jaray begangene Unrecht endlich anerkannt und wenigstens teilweise wiedergutgemacht", so der Kommentar der Bondi-Erben gegenüber der New York Times. „Nun haben wir es also schwarz auf weiß: Die Stiftung Leopold kann Bilder verkaufen oder verschenken, sie muss es nur wollen", meinte Wolfgang Zinggl, der Kultursprecher der Grünen. Der Weg sei damit frei für die umfassende Rückgabe bedenklicher Objekte aus der Sammlung Leopold. „Die Einigung in ihrer jetzigen Form hätte bei einer weniger sturen Haltung schon vor langer Zeit erzielt werden können." Weinhäupl bezifferte die bisherigen Anwaltskosten mit drei bis 3,5 Millionen Euro. (Thomas Trenkler/ DER STANDARD, Printausgabe, 22.7.2010)