Wien (APA) - Über drei Viertel der Unternehmen sind säumig, wenn es darum geht, die verpflichtete Anzahl von Menschen mit Behinderung einzustellen. Das neue Behinderteneinstellungsgesetz könnte deshalb Regelungen über eine höhere Ausgleichstaxe aber auch einen gelockerten Kündigungsschutz enthalten (Der Standard berichtete). Laut Ministerium soll es so rasch als möglich verabschiedet werden, bestätigte ein Sprecher Medienberichte . Erfüllt wird hingegen die vorgeschriebene Quote von einem Behinderten pro 25 Mitarbeiter beim Bund.

Betriebe sind dazu verpflichtet, pro 25 Mitarbeiter einen Behinderten einzustellen, können sich von dieser Verpflichtung jedoch mit einer Ausgleichstaxe in der Höhe von 223 Euro pro Monat auch "freikaufen". Nur 22,6 Prozent der Firmen mit Beschäftigungspflicht erfüllen diese laut Angaben des Sozialministeriums zur Gänze. Über drei Viertel tun dies nur zum Teil oder gar nicht und zahlen lieber die Ausgleichstaxe. So sind im Vorjahr knapp 90 Mio. Euro zusammengekommen. Das Ministerium wies für das Jahr 2009 insgesamt 17.027 Unternehmen mit einer Beschäftigungspflicht aus, nur 3.850 davon (22,6 Prozent) erfüllten die Quote gänzlich. Insgesamt belief sich die Zahl der Pflichtstellen in den Betrieben auf 98.510, rund zwei Drittel dieser sind auch besetzt. Manche Postenbesetzungen werden "doppelt angerechnet". Dies ist der Fall, wenn es sich um schwer vermittelbare Menschen handelt, etwa Blinde, Rollstuhlfahrer oder ältere Personen. Auch die Aufnahme von Lehrlingen zählt doppelt.

Verdoppelung der Ausgleichstaxe gewünscht

Der Österreichische Zivil-Invalidenverband (ÖZIV) spricht sich für eine "anständige" Erhöhung dieser Taxe aus. "Eine Verdoppelung wäre schön", so ÖZIV-Präsident Klaus Voget. Eine Lockerung hingegen würde er beim Kündigungsschutz akzeptieren. Dieser könnte künftig nicht schon nach sechs Monaten, sondern erst nach drei Jahren beginnen, bestätigte Voget gegenüber der APA. "Unternehmen wollen unter den jetzigen Voraussetzungen keine anstellen, man will keine 'pragmatisierten' Mitarbeiter", so der ÖZIV-Präsident. Verbandsintern habe man sich deshalb auf den Kompromiss von 36 Monaten geeinigt. Kündigungsschutz und Ausgleichstaxe seien zwei "Knackpunkte", bei denen der größte Diskussionsbedarf mit Wirtschaft und Sozialpartner gegeben ist, räumte Voget ein. Er plädierte weiters dafür, das Förderwesen zu überdenken und die Stellung der Behindertenvertrauensleute zu verbessern.

Bund erfüllt Einstellungsquote

Im Gegensatz zur Privatwirtschaft hat der Bund wie bereits in den zwei Jahren davor auch 2009 die Einstellungsquote für Behinderte zur Gänze erfüllt. Zuletzt mussten 2006 rund 407.000 Euro an Ausgleichszahlung geleistet werden. Laut Angaben des Beamtenministeriums waren 2009 im Bund 4.494 Menschen mit Behinderung beschäftigt. Anfang 2007 waren es 4.180. Säumig sind hingegen manche Bundesländer. In Niederösterreich wurden laut der jüngsten Statistik 128 Stellen nicht besetzt, in Vorarlberg waren es 158 und in Salzburg 74. In Tirol gab es gar 353 nicht besetzte Stellen - die Ausgleichszahlung belief sich hier beinahe auf eine Mio. Euro.

Das Sozialministerium steht den Vorschlägen des ÖZIV offen gegenüber, erklärte ein Sprecher. Nun müsse man diese diskutieren und mit der Wirtschaft abklären. Ob die Ausgleichstaxe verdoppelt wird bzw. wie hoch sie genau ausfallen wird, stehe noch nicht fest, betonte er. Die Gelder aus der Ausgleichstaxe fließen übrigens nicht ins allgemeine Budget zurück sondern werden zweckgebunden für die Förderung Behinderter am Arbeitsmarkt aufgewendet. Man sei jedenfalls zuversichtlich, noch heuer zu einer Lösung zu kommen. (APA)