Bernd Stauss, Professor für allgemeine Betriebswirtschaftslehre.

Foto: Kath. Uni Einchsatt-Ingostadt

Professor Bernd Stauss geht in den Ruhestand. Mit dem weit über die Grenzen Deutschlands hinaus anerkannten und angesehenen Lehrstuhlinhaber für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Dienstleistungsmanagement an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt zieht sich ein Kundenbeziehungsmanagementforscher aus dem unmittelbaren Forschungs- und Lehrbetrieb zurück, dem eines immer ganz besonders am Herzen lag: die Glaubwürdigkeit im Geschäftsleben. Und mit ihr und auch als Voraussetzung für diese Glaubwürdigkeit die Bereitschaft zu dienen.

Profil stellte Stauss stets vor Profit. Im Profil sah er erst und immer die belastbare Voraussetzung für Profit. Und mit Profil meinte er nie das PR- und/oder marketinggeschminkte Gesicht eines Unternehmens, sondern dessen tatsächliches, im alltäglichen Verhalten stets erneut unter Beweis gestelltes Sein.

Die Rückbesinnung auf und die Rückkehr zu seriösem Umgang mit im werblichen Auftritt gegebenen Versprechen war sein großes Anliegen. Schein und Sein wieder deckungsgleich zu machen, glaubwürdig-seriöses Handeln wieder in den Vordergrund betrieblichen Handelns zu stellen, das war und ist für Stauss die zeitlos wesentliche Voraussetzung für dauerhaften Geschäftserfolg.

Bausteine

Kompetenz in der Sache wie im Verhalten, zuverlässige Erreichbarkeit, Verlässlichkeit der Leistungserstellung, prompte Reaktion auf Anliegen im positiven wie negativen Sinn, der Pflegezustand des Betriebs wie auch der seiner Menschen, all das sind für Stauss vielfach vernachlässigte Bausteine für eine starke Stellung im Markt und im Wettbewerb.

"Erfolg", so betont Stauss gerne und oft im Gespräch, beginnt im Kleinen, mit vermeintlichen Kleinigkeiten wie Bemühen, Ehrlichkeit, Umsicht, Verständnis und immer wieder Zuhören." Gerade auch Letzteres, das Erfassen, was Kunden wirklich wollen, und die Schlüsse daraus, wie dieses oft nur diffus artikulierte Wollen konkretisiert und realisiert werden könnte, das, so Stauss, ist das Fundament, auf dem sich Kundenbeziehungen entwickeln und längerfristig stabilisieren können".

In diesem Sinn warb und wirbt Stauss für eine Sichtweise, die aus seiner wissenschaftlichen Erkenntnis für effizientes Wettbewerbsverhalten nicht nur charakteristisch, sondern auch unverzichtbar ist: Die Achtung vor den Geschäftspartnern, allen voran den Kunden und Lieferanten, beginnt mit der Achtung des Betriebs vor sich selber.

Haltung

Erst aus dieser Haltung heraus erwächst für ihn die Chance, als seriös und zuverlässig und damit als glaubwürdig wahrgenommen zu werden. Profil hat für Stauss - immer wieder klingt das im Gespräch mit ihm an - zunächst wenig bis gar nichts mit PR und Marketing, dafür umso mehr mit Haltung zu tun. "Profil", so sein Credo, "macht man nicht, man erwirbt es sich." Oder, wie Stauss, auch gerne bemerkt: "Profil ist die Antwort des Marktes auf gezeigtes Verhalten, im Positiven wie im Negativen."

Unausgesprochen dahinter die alte preußische Order: "Mehr sein als scheinen!" Understatement riskiert, auf den ersten Blick weniger wahrgenommen zu werden, setzt sich dafür aber auch nicht der Gefahr aus, überschätzt und mit zu hohen Hoffnungen beladen zu werden. Die Fallhöhe zwischen Erwartetem und Gegebenem ist mithin gleich null. Und darauf kommt es an, "sich selbst zu bewahrheiten", wie Stauss es immer wieder gefordert hat, zu überzeugen, angenehm zu überraschen und nicht bis an die Frustrations-, ja Wutgrenze zu enttäuschen - wie es an der Tagesordnung ist. Sinn marktorientierter Unternehmensführung ist ja nicht, PR- und Werbeagenturen reich, sondern Kunden nachhaltig zufrieden zu machen. Dass Klappern zum Handwerk gehört, ist unbestritten. Ebenso unbestritten ist aber auch, dass die hohlsten Töpfe am lautesten klappern.

Konsequente Gestaltung

In der bemerkenswerten Ignoranz diesen Zusammenhängen gegenüber liegt für Stauss nicht nur ein Problem des Marketing, sondern generell der Unternehmensführung. Sein Rat: "Soll Marketing über das Erregen spontaner Aufmerksamkeit hinaus eine tatsächlich ‚fesselnde‘ Wirkung hervorrufen, müssen konsequent Fragen der Beziehungsgestaltung in die Marketingüberlegungen mit einbezogen und gezielt Verhaltensqualitäten im Umgang mit den Stakeholdern, also Kunden, Lieferanten und den Belegschaftsmitgliedern eingesetzt werden." Verhalten ist für Stauss das Schlüsselwort wirkungsvollen Marketings.

Soll Marketing nicht nur eine im Kontakt mit der Realität enttäuschende Luftnummer bleiben, braucht Marketing für Stauss zwei standfeste Beine: das individuelle Mitarbeiterverhalten Kunden gegenüber und das individuelle Führungsverhalten den Mitarbeitern gegenüber. Wobei Letzteres das Fundament ist, auf dem Ersteres erst entstehen kann. Oder, wie Stauss mit einem alten Sprichwort gerne sagt: „So wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auch wieder heraus!" Soll heißen, sagt Stauss: "Wer seine Mitarbeiter nicht schätzt und pflegt, sollte nicht erwarten, dass die wertschätzend und pflegend mit dem Unternehmen und dessen Kunden umgehen." Der falsche Ton gegenüber den Mitarbeitern führe unweigerlich zu falschen Tönen gegenüber den Kunden.

Dass und wie stark Unternehmensführung ein ganzheitliches, ein Geschehen aus einem Guss sein sollte, das zeigt sich für Stauss gerade auch immer wieder darin, "dass nur Mitarbeiter, die sich ihrem Betrieb verbunden fühlen, auch für entsprechende Gefühle bei den Kunden sorgen". Konsequent sein Schluss daraus: "Da Zufriedenheit, Treue und Bereitschaft zur Weiterempfehlung der Kunden so eng mit dem Mitarbeiterverhalten und das wiederum mit dem Führungsverhalten und dem daraus erwachsenden Betriebsklima verknüpft ist, kann das doch nur bedeuten: Die innerbetrieblichen Rahmenbedingungen sind ein wesentlicher Erfolgsfaktor in jeder Hinsicht." (Hartmut Volk/DER STANDARD; Printausgabe, 7./8.8.2010)