Bild nicht mehr verfügbar.

US-Notenbankchef Bernanke (re.) warnt wegen des laschen Aufschwungs vor "ungewöhnlich unsicheren" Zeiten. EZB-Chef Trichet kann sich hingegen über positive Konjunkturüberraschungen freuen.

Fotos: APA/Neubauer, Reuters/Lamarque

Wien - Vor wenigen Wochen war Europa die kranke Dame der Weltwirtschaft. Eine turbulente Rettung Griechenlands war nötig, um das Schlimmste - einen Staatsbankrott - abzuwenden, der Euro fiel zwischen April und Juni von 1,35 auf unter 1,20 gegen den US-Dollar. Ökonomen waren sich einig, dass die europäische Konjunktur erlahmen würde.

Doch das Gegenteil ist der Fall. Die Produktion von Deutschlands Industrie ist so stark gestiegen wie noch nie seit der Wiedervereinigung, um 5,4 Prozent im zweiten Quartal. Dieses durch die Exporte induzierte hohe Quartalswachstum in Europas größter Volkswirtschaft war für Jean-Claude Trichet, Chef der Europäischen Zentralbank, Grund zur Freude. Bei einer Pressekonferenz am Donnerstag betonte er, dass die Daten "eine Stärkung in der Wirtschaftsaktivität" zeigten und auch für das dritte Quartal positive Überraschungen andeuten. Ökonomen von Barclays rechnen damit, dass Deutschland nächste Woche ein BIP-Wachstum zwischen 1,5 und zwei Prozent im Vergleich zum Vorquartal ausweisen werde.

US-Arbeitsmarkt in Lethargie

Das heimische Wirtschaftsforschungsinstitut betonte, dass Exporte und Industrieproduktion auch der österreichischen Wirtschaft einen kräftigen Impuls gegeben hätten. Die Kapazitätsauslastung nähere sich dem langfristigem Schnitt, und damit verzeichne auch der Arbeitsmarkt einen Aufwärtstrend.

In den USA hingegen ist von einem breiten Aufschwung weniger zu spüren. Besonders der Arbeitsmarkt bereitet der Wirtschaftspolitik Kopfzerbrechen. Ben Bernanke, US-Notenbankchef, bezeichnete den Ausblick für die US-Konjunktur als "ungewöhnlich unsicher" . Innerhalb der Notenbank Fed zeichnet sich ein Konflikt darüber ab, ob die Zentralbanker die Wirtschaft wieder mit lockerer Geldpolitik ankurbeln sollen.

Aktuelle Zahlen vom Arbeitsmarkt geben den Befürwortern weiterer Konjunkturmaßnahmen Aufwind. Im Juli haben 131.000 US-Amerikaner ihre Arbeit verloren, private Unternehmen hatten nur 71.000 neue Jobs geschaffen, deutlich weniger als von Analysten erwartet. Als Folge hat der Dollar weiter gegen den Euro verloren. Die Gemeinschaftswährung hat knapp zwölf Prozent seit dem Tiefststand im Juni aufgewertet und stieg am Freitag knapp über 1,33 gegen den US-Dollar.

Während sich die Aussichten für die Eurozone aufgehellt haben, kränkeln noch die südlichen Volkswirtschaften. Italien und Spanien etwa sind im zweiten Quartal mit 0,4 sowie 0,2 Prozent nur schwach gewachsen. (Lukas Sustala, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7./8.8.2010)