Justizministerin Claudia Bandion-Ortner fühlte sich am Freitag zu einer Klarstellung bemüßigt: "Es gibt keine politische Einflussnahme, alle werden gleichbehandelt. Politiker werden durch das Weisungsrecht nicht bevorzugt." Aber es kann doch kein Zufall sein, dass ausgerechnet jetzt Ermittlungen gegen einen Politiker eingeleitet werden. Nach tagelanger Diskussion über angebliche Haider-Konten in Liechtenstein und der Schweiz und Kritik an zu langsamem Vorgehen der Justiz und der Rückkehr der Ministerin vom Beachvolleyball-Turnier am Wörthersee. Der Kärntner ÖVP-Chef Josef Martinz ist der erste Politiker, der in der Causa Hypo Alpe Adria als Beschuldigter geführt wird.

Für Bandion-Ortner ist es "ein ganz normaler Vorgang" , dass ihr Ministerium Ermittlungen gegen Politiker erst genehmigen muss. Mitnichten: Das sogenannte Weisungsrecht schränkt die Unabhängigkeit von Staatsanwälten ein und ermöglicht parteipolitisch motivierte Einflussnahme.

Man wird sehen, wie die Justiz nun in der Causa Hypo Niederösterreich vorgeht, bei der es einen ÖVP-Konnex gibt. Der Vorhabensbericht liegt im Justizministerium. Es ist keine Frage, dass Staatsanwälte vorsichtiger agieren, wenn sie erst im Ministerium um Erlaubnis fragen müssen, ob sie ihrer eigentlichen Aufgabe nachgehen dürfen.

Dass das Ministerium eingebunden werden muss, ist sicher ein Grund dafür, dass in einigen Fällen, bei denen (Ex-)Politiker und ihre Freunde involviert sind, auffällig lange nichts passiert ist. Das betrifft die Causa Hypo Alpe Adria genauso wie die Buwog-Ermittlungen. Auch wenn die in den vergangenen Tagen geäußerten Vorwürfe, die Staatsanwälte zeigten mangelnden Arbeitseifer und Effizienz, in der pauschalen Form überzogen sind, so wird doch deutlich: Politiker werden mit Glacéhandschuhen angefasst. Und in diesen Fällen haben Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München, der Behörden in Liechtenstein und Aussagen beim Untersuchungsausschuss in München dazu geführt, dass auch die Justiz in Österreich tätig wurde. Oder aktiv werden musste.

Bei Politikern ist der Aufklärungswille ohnehin eingeschränkt, wenn es um ihresgleichen geht. Die Vorwürfe richten sich nicht nur gegen Jörg Haider, sondern auch gegen Karl-Heinz Grasser. Es war die ÖVP unter Wolfgang Schüssel, die Grasser ins Finanzministerium und damit in die Nähe der Tröge gehievt hat, aus denen sich die Buberlpartie offensichtlich bedienen konnte. Für alle gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung.

Dass sich die ÖVP gegen einen Untersuchungsausschuss stemmt, verwundert daher nicht. Wohl aber, dass auch SP-Klubchef Josef Cap meint, ein solcher Ausschuss bringe vorerst nichts. Denn zunächst müsse einmal die Justiz Ergebnisse vorlegen. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen weiß jeder: Das dauert. Solange passiert eben nichts auf politischer Ebene.

Bleiben die Medien, die sich bemühen, Verfehlungen an die Öffentlichkeit zu bringen. Bis Freitag ist es nicht gelungen, Beweise für Haider-Konten in Liechtenstein und der Schweiz zu liefern. Die Berichterstattung darüber ist für den steirischen BZÖ-Chef Gerald Grosz "Schweinejournalismus" , und er zieht einen Vergleich zum NS-Hetzblatt Der Stürmer. Von Politikern gab es nicht einmal eine Rücktrittsaufforderung. Das zeigt: Aufklärung ist eigentlich unerwünscht in Österreich. (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, Printausgabe, 7./8.8.2010)