Wien - Die Freiheitlichen wittern die Chance, als Oppositionspartei eine langgehegte Forderung durchzusetzen: Sie bieten der Regierung an, mit ihren Stimmen für die nötige Zweidrittelmehrheit im Nationalrat zu sorgen, um die Kinderrechte in der Verfassung zu verankern. Als Gegenleistung verlangt die FPÖ, dass die in der Koalition umstrittene gemeinsame Obsorge für Scheidungseltern (siehe Artikel) umgesetzt wird.

Eigentlich hätten die Kinderrechte bereits vergangenen Dezember festgeschrieben werden sollen, damals zog jedoch keine Oppositionspartei mit. Dies hing mit der von FPÖ, BZÖ und Grünen ausgerufenen Blockade zusammen, aber auch mit inhaltlichen Differenzen. Im September sind weitere Gespräche geplant, an denen Organisationen wie das Netzwerk Kinderrechte teilnehmen sollen. Die AktivistInnen hatten scharfe Kritik geübt, weil die Regierung nicht die ganze UN-Konvention für Kinderrechte in die Verfassung übernehmen wollte, sondern Ansprüche auf Gesundheit oder Bildung ausklammerte.

Überparteilichen Protest gibt es auch gegen die gemeinsame Obsorge. Der Frauenring, eine Dachorganisation von Frauenvereinen, hält ein Gesetz "über die Köpfe der Alleinerzieherinnen" für fehl am Platz. Väter, die sich um ihre Kinder kümmern wollen, würden dies auch ganz ohne gesetzliche Vorschreibung tun, so das Argument. Jene Männer hingegen, die gekränkt seien, stören oder sich rächen wollten, würden der Erfahrung nach um die Obsorge kämpfen: "Diese Gruppe will die Justizministerin bedienen." (jo, APA, DER STANDARD, Printausgabe, 13.8.2010)