Blogger Helge Fahrnberger fotografierte das FP-Plakat im 16. Bezirk, stellte das Bild auf Facebook und brachte damit die Diskussion in Gang.

Foto: Helge Fahrnberger/www.helge.at

"'Daham statt Islam' wird es nicht mehr geben", verkündete der stellvertretende FPÖ-Chef Norbert Hofer im Mai im Interview mit derStandard.at. Die FPÖ werde in Zukunft versuchen mehr "Positivthemen" zu bringen und Antworten zu bieten. Jetzt, acht Wochen vor der Wien-Wahl, scheint die gute Absicht vom Wahlkampf(g)eifer überdeckt zu werden.

Die neueste Plakatwelle der Wiener FPÖ fischt in altbekannten Gewässern. Auf einem der Plakate lächelt Heinz-Christian Strache zum Spruch "Mehr Mut für unser 'Wiener Blut'" - "Zuviel Fremdes tut niemandem gut". Ist das die angekündigte "neue Milde" der FPÖ? Fremdes, das nicht "gut tut"? Wiener Blut, das lieber rein und unverfälscht unter sich bleiben soll?

Dass das neue Plakat selbst aus den schon bisher schon nicht gerade zimperlichen FPÖ-Plakaten heraussticht, zeigt die Debatte darüber ganz gut. Im Krone-Forum mutmaßte ein Moderator gar, das Plakat sei nicht echt, in Folge dessen wurde der Thread darüber gesperrt. Auch auf Facebook und Twitter wurde öfter die Frage gestellt: "Ist das wirklich echt?" Ja, ist es, bestätigt man derStandard.at auf Rückfrage in der FPÖ-Pressestelle.

Poltern, Reimen, Schimpfen

Die renommierte Sprachforscherin Ruth Wodak ahnte übrigens schon vor einigen Wochen, dass der kreidefressende HC Strache nicht bis zum 10. Oktober durchhält. Im derStandard.at-Interview gefragt, ob sie dem sanften Anlaufen des Wiener Wahlkampfs traue und wir uns diesmal auf eine Wienwahl ohne ausländerfeindliche Grauslichkeiten einstellen können, meinte sie: "Man wird erst sehen, was das bedeutet. Warten wir ab bis September - ich erinnere mich an 1999, wo die wirklich fremdenfeindliche Wahlwerbung der FPÖ erst im September begonnen hat."

Die neue alte Härte mag auch daran liegen, dass die FPÖ in den Umfragen offenbar nicht wirklich vom Fleck kommt. In internen Befragungen der anderen Wiener Parteien zeigt sich, dass die lange Öffentlichkeitsabstinenz Straches die Blau-Wähler zwar nicht vertreibt, aber Zuwächse verhindert - ein kalkuliertes Risiko, wenn man auf einen kurzen Wahlkampf setzt. Ein Strache, der nicht poltert, reimt und schimpft und darüber hinaus auch noch staatstragend plakatiert wird, ist nur der halbe Spaß für seine Wähler. Auch wenn es jedem Nicht-FPÖ-Wähler bei den Wiener Blut-Assoziationen kalt den Rücken herunterläuft - wieso sollten die Blauen auf ihr altbewährtes Wählerfangrezept verzichten? Und das genau bei dieser Wahl, bei der es für Strache um viel geht? Da dürfen es schon wieder deftige Sprüche sein, bei denen der Stammtisch johlt.

Der Grünen-Stadtrat David Ellensohn spricht von "Nazi-Jargon" und "mieser Ausländerhetze" auf den Plakaten. Sonstige Reaktionen? Medienberichte? Aussendungen? Fehlanzeige. Österreichs Öffentlichkeit hat sich an alltägliche Ausländerfeindlichkeiten schon viel zu sehr gewöhnt, um noch aufzuschreien.

UPDATE 13.20 Uhr:

Herbert Kickl, Kampagnen-Mastermind der FPÖ, will die Kritik an den neuen Plakatsujets der FPÖ nicht auf sich sitzen lassen. derStandard.at wollte von ihm wissen, was er zum Vorwurf sagt, die "Wiener Blut"-Plakate" seien rassistisch?

"Das ist absolut lächerlich", so Kickl. "Mit Rassismus hat das überhaupt nichts zu tun, sondern mit Wiener Tradition". Er lasse "sicher keine Verdrehung unserer Intentionen zu". Neben dem "Wiener Blut", das 600 mal in Wien zu sehen ist, wurde auch noch ein zweites Sujet entwickelt: "Wo Rot regiert, wird abkassiert - Außer wenn die SPÖ Wahlen verliert". Es wird 400 Mal plakatiert.

Aber hatte es nicht geheißen, die FP Wien wolle mehr auf "Positivthemen" setzen? "Das ist bitte ein totales Positivthema, ein positives Bekenntnis zur Wiener Lebensart und Tradition", meint Wahlkampfmanager Kickl. Fremdenfeindlichkeit will er sich nicht unterstellen lassen, man werde aber eine Zuwanderungsdebatte führen, auch wenn "wir die nicht ausgelöst haben". Ob er den Grünen David Ellensohn klagen will, der die Plakate mit "Nazi-Jargon" vergleicht? "Ich halte nichts von der ganzen Herumklagerei", winkt Kickl ab."Dem Herrn Ellensohn würde ich empfehlen, dass er sich mal damit auseinandersetzt, was Wiener Tradition ist".

UPDATE 15.00 Uhr:

Auch die SPÖ hat jetzt auf die Plakate reagiert. Sie seien in ihrer Diktion so "abstoßend und widerlich", dass nahezu jeder zunächst an eine satirische Fälschung glaube, zeigte sich SP-Rathaus-Klubchef Siegi Lindenmayr entsetzt und spricht von "xenophoben, menschenverachtenden und aufhetzerischen Aussagen". (Anita Zielina, derStandard.at, 16.8.2010)