"Ein schönes Stück Österreich" von Katarina Schmidl ist ironische Fußnote zum Thema Heimat, aber auch erotisch aufgeladen.

Foto: Musa

Wien - "Jede Handlung , die ich setze, hinterlässt eine Spur, und was weg ist, ist weg", bringt Markus Redl das bildhauerische Arbeiten mit Marmor auf den Punkt. Ebenso wie Bronze ist Marmor ein klassisches, in der zeitgenössischen Skulptur eher nicht mehr verwendetes Material. Ein Werkstoff, der sich mit traditionellen Vorstellungen zu Handwerklichkeit und Wert verbinden. Kunstideale, die mit der Avantgarde zerbröselten.

Wenn der 33-jährige Redl, der "aus einem geistigen Biotop kommt, wo es eher um die Auflösung der Skulptur ging", sich also für Marmor entscheidet, ist das ideologisch zu verstehen. Keinesfalls ist es eine Ideologie, die sich mit dem Ewigkeitsanspruch der Renaissance verbindet, sondern eher mit Ideen von Langsamkeit und Intensität. Kostbares Material und Zeit "verschwendet" er ganz bewusst an banalen Themen, lässt so deren Grenzen verschwimmen.

Auch Karin Frank (geb. 1972) nähert sich mit klassischen Techniken und Materialien der Figur. In ihrer Rohheit erinnern ihre Arbeiten an Figuren Stephan Balkenhols, setzen sich jedoch stärker mit Fragen der Sexualität auseinander. Redl und Frank zählen zu den jüngeren Positionen der Ausstellung raum_körper einsatz, die im Museum auf Abruf (Musa) die Geschichte der Figur in der österreichischen Skulptur erzählt. Was zwischenzeitlich in den Hintergrund geriet, erfahre nun ganz generell eine künstlerische Neuentdeckung, so Kuratorin Silvie Aigner: Der menschliche Körper ist wieder stärker Ausgangspunkt skulpturaler Konzepte.

Aigner setzt bei den heimischen Wegbereitern der zeitgenössischen Skulptur an: bei Fritz Wotruba, Alfred Hrdlicka, Andreas Urteil oder etwa dem kürzlich verstorbenen Josef Pillhofer, dessen abstraktes bildhauerisches Schaffen immer von der menschlichen Figur ausging, die konsequent reduziert wurde. Gemeinsam mit anderen Kleinskulpturen von Bruno Gironcoli, Wander Bertoni, Oswald Stimm oder Hans Kupelwieser hat Aigner die älteren Arbeiten zu einer Art Skulpturenhain auf stelenartigen Sockeln gruppiert. Eine installative Verdichtung, die Verschränkungen und Kontinuitäten aufzeigen soll, jedoch in der Wirkung etwas antiquiert bleibt und die Arbeiten als Bündel und nicht als Einzelarbeiten wahrnehmen lässt.

Hingegen sind Musa-Ausstellungen stets für (Wieder-)Entdeckungen gut: Josef Bauers abstrakte Objekte, wie etwas Taktile Poesie von 1969 aus damals brandneuen Materialmischungen wie Polyurethanschaum und Polyesterharz, nimmt mit seiner Aufforderung, das Objekt zu befühlen, zu betasten - kurz: es zu benutzen - Franz Wests Passstücke gute zehn Jahre vorweg. Auch das Anatomische Gewand (1996) von Barbara Graf wird direkt an den Körper angelegt: Es ist eine textile, schützende Hülle, eine zweite Haut - nach dem Prinzip eines stützenden Skeletts -, in die man bei Belieben schlüpfen kann.

Bei den Fotografien, die als dreidimensional abbildende Medien, zum zeitgenössischen Skulpturenbegriff zählen, finden sich neben den üblichen Verdächtigen zum Thema Körper - Valie Export oder Erwin Wurm - auch Arbeiten von Rita Furrer, einer wenig beachteten weiblichen Vertreterin des Wiener Aktionismus. In ihren Performances verhüllte sie ihren Körper schwarz, um so die ständige Präsenz des weiblichen Körpers in Medien und Werbung zu kritisieren. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD - Printausgabe, 18. August 2010)