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Fischotter waren in Österreich schon fast völlig ausgerottet. Inzwischen sind sie an vielen Bächen und Flüssen wieder anzutreffen. Die nachtaktiven Tiere sind allerdings schwer zu beobachten.

Foto: APA/Rolf Haid

Ein mit einem Peilsender ausgestattetes Tier gibt Einblicke in den Otteralltag.

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Stockfinster ist es nachts am Bach. Die Bäume und Sträucher am Ufer halten mit ihren belaubten Ästen auch den Schein des Mondes von der Wasseroberfläche fern. Plötzlich plätschert es. Ein knapp einen Meter langes Tier bewegt sich geschmeidig in den Fluten und taucht ab: Lutra lutra auf der Jagd.

Szenen wie diese spielen sich nicht etwa nur in entlegenen Naturschutzgebieten ab, sondern mittlerweile an vielen Bächen in Ostösterreich: Der Fischotter, einer der besten Schwimmer unter den Landraubtieren, ist zurück. Und kaum jemand hat es bemerkt.

Nachdem sie hierzulande fast vollständig verschwunden waren, breiten sich die possierlichen Tiere seit Mitte der Neunziger, von Norden und Osten kommend, immer weiter und schneller nach Westen aus. Allein in der Steiermark etwa gibt es ihn entlang der Mürz und entlang der Mur, in der Liesing, im Vordernbergerbach und in vielen Seitenbächen.

Sogar in Tirol konnte er schon nachgewiesen werden, bald werden die Otter wohl auch Vorarlberg erreichen. Laut dem Wildökologen Andreas Kranz "kann man jeden Monat damit rechnen".

Nachtaktiv und ohne Scheu

Kranz hat zusammen mit Fachleuten aus ganz Europa den Vormarsch und das Verhalten der Wassermarder in den vergangen 15 Jahren präzise dokumentiert und dabei einige erstaunliche Entdeckungen gemacht. So mögen sich die meist nachtaktiven Fischotter zum Beispiel zwar nur selten zeigen, aber richtig scheu sind die eleganten Schwimmer eigentlich nicht. Oder besser: nicht mehr.

Es habe nämlich eine Verhaltensänderung gegeben, sagt Andreas Kranz. Weil die Tiere streng geschützt sind und die legale Jagd kurz nach dem Zweiten Weltkrieg eingestellt wurde, trauen sich Otter eher in die Nähe des Menschen - und finden dort mitunter einen gut gedeckten Tisch. Auch in Städten wie St. Pölten, Graz und Linz hinterlässt L. lutra bereits seine Spuren.

Kranz berichtet sogar von einem Fischottervorkommen mitten im Industriegebiet von Trinec am Fluss Olsa in Tschechisch-Schlesien. "Lärm und Gestank ist diesen Tieren eigentlich egal", so der Experte. Hauptsache, es gibt sauberes Wasser und genug Fisch.

Die Verbesserung der Wasserqualität durch strengere Gesetze und den Bau von Kläranlagen dürfte deshalb ebenfalls erheblich zur Rückkehr der Otter beigetragen haben. Einerseits konnten sich so vielerorts die Fischbestände erholen, andererseits sank die Belastung mit zahlreichen Giftstoffen, darunter die berüchtigten polychlorierten Biphenyle (PCB), die bei vielen Tierarten zu Unfruchtbarkeit führen können.

Nun können sich die Wassermarder also wieder natürlich vermehren - und tun das offensichtlich auch fleißig. "Die Reproduktion ist so gut, dass sie mit Verlusten zurechtkommen", sagt Andreas Kranz. Leider kommen im Straßenverkehr relativ viele Fischotter zu Tode, vor allem wenn sie sich auf Wanderschaft begeben.

Um die Lebensweise von L. lutra genauer zu erforschen, haben Kranz und Kollegen im vergangenen Frühling in der Nähe von St. Katharein in der Obersteiermark ein zwei Jahre altes Otterweibchen eingefangen, ihm einen kleinen Peilsender eingepflanzt und es wieder freigelassen.

Das Leben einer Ottermutter

Seitdem liefert "Alena", wie das Tier getauft wurde, Einblicke in den Alltag einer Fischottermutter. Ihre Kleinen sind über einen Monat alt, können das Nest aber noch nicht verlassen. "Man hört sie der Mutter hinterherpfeifen, wenn sie auf die Jagd geht", berichtet Andreas Kranz.

Das derzeitige Nest befindet sich unerwarteterweise an einem stark begradigten Flusslauf mit einer sehr hohen Fließgeschwindigkeit, "vierzig Meter von der Landesstraße", so Kranz. Der Fachmann staunt über das enorme Tempo, mit dem sich "Alena" im stark strömenden Wasser bewegen kann.

Die Otterdame durchstreift ihr gesamtes Zwölf-Kilometer-Revier und eilt immer wieder zurück, um ihre Jungen zu stillen, erzählt er. Manchmal sieht der Ökologe sie sogar: als vorbeiflitzenden Schatten in der Tiefe. (Kurt de Swaaf/DER STANDARD, Printausgabe, 18.08.2010)