Wiener Schubhaftgefängnis Roßauer Lände: Von hier aus wurden die nigerianischen "Sans Papiers"-Fußballer trotz Folgeasylantrags außer Landes gebracht.

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Wien - Für einen Asylantrag des Nigerianers Vincent A. am 29. April 2010 in der Schubhaft gebe es "anhand des Aktes keine Anhaltspunkte". Und dass der 21-Jährige seinen Frontex-Abschiebeflug am 4. Mai dann ohne Kleidung zum Wechseln antreten musste, sei die Schuld einer Gruppe Protestierender: "Aufgrund der Sicherheitsvorkehrungen wegen einer Demonstration vor dem "Polizeianhaltezentrum Roßauer Lände" hätten am 4. Mai "sämtliche Angehörigenbesuche auf einen Folgetermin verwiesen werden" müssen - auch der Besuch von A.s mit einer Reisetasche wartenden Vertrauensperson.

So weit die Antwort Innenministerin Maria Fekters (ÖVP) auf zwei zentrale offene Fragen nach der umstrittenen Außerlandesbringung Vincent A.s und Cletus B.s, zweier Kicker der afrikanisch-österreichischen Fußballmannschaft "Sans Papiers". Die beiden jungen Männer waren am 29. April von einem Großaufgebot an Polizei vom Trainingsplatz weg in Polizeianhaltezentren gebracht und sechs Tage später ausgeflogen worden.

"Erst wird versucht zu verhindern, dass jemand aus der Schubhaft heraus von Neuem um internationalen Schutz einkommt - und gibt es dann eine Nachfrage, so steht halt nichts im Akt", kommentiert Grünen-Justizsprecher Albert Steinhauser. Zur "Sans Papiers"-Affäre hat er Fekter 51 Fragen gestellt, deren Beantwortung dem Standard vorliegt.

Die Vorgänge seien asylpolitisch äußerst relevant, sagt Steinhauser. Immerhin sei es in der Folge zur Anzeige von Vincent A.s Rechtsberater, Tim Außerhuber, durch die Fremdenpolizei gekommen (der Standard berichtete). Laut Fremdenpolizei soll der Berater A.s Asylantrag frei erfunden und damit dessen "rechtswidrigen Aufenthalt gefördert" haben: Ein in Österreich bisher einmaliger Vorwurf.

"Einschüchterungsversuch"

Besagte Anzeige ist nach wie vor aufrecht: "Auf meine Gegenschrift von Anfang Juli ist bisher keine Antwort gekommen", schildert der Mitarbeiter des Migrant-Innenvereins St. Marx. "Das ist ein klarer Einschüchterungsversuch", meint dazu Karin Klaric vom Flüchtlingsberatungsverein Purple Sheep. Ihre regelmäßigen "Interventionen" für Schubhäftlinge haben die Fremdenpolizei bewogen, immer "eine schriftliche Dokumentation in Form einer Meldung, Eintragung oder eines Vermerkes" zu verfassen - ist in der Anfragebeantwortung zu lesen.

Darin werden indes auch ein ministerieller Erlass und ein Aktenvermerk von Februar und März 2010 zitiert, die Rechtsberatern breiten Zugang zu ihren Klienten garantieren. Rechtsberater seien ohne Probleme vorzulassen, auch wenn sie keine Rechtsanwälte, sondern nur Privatpersonen mit Vollmachten seien - und auch der erste Besuch, um sich die Vollmacht unterschreiben zu lassen, sei zu gewähren. Laut Außerhuber ist das "bemerkenswert", denn in der Praxis würden Beratern vielfach Hürden in den Weg gelegt. (Irene Brickner, DER STANDARD, Printausgabe, 17.8.2010)