Die Opposition hat geschlossen eine Sondersitzung des Nationalrates für heute, Mittwoch, einberufen lassen, um sich über die Verschiebung des Budgets in den Dezember zu beschweren. Grüne, BZÖ, FPÖ und Verfassungsexperten sehen darin einen Verfassungsbruch. Die Sondersitzung hat um 10.15 Uhr mit dem Einbringen einer "dringlichen Anfrage" der Freiheitlichen an Finanzminister Pröll begonnen und ist derzeit unterbrochen, debattiert wird ab 13.15 Uhr. Der ORF überträgt dann live.

190 Fragen warten auf Pröll

Pröll muss sich dann 190 Fragen stellen, die von den Budgetplänen bis hin zur derzeitigen Lehrer-Debatte reichen. So soll der Finanzminister etwa erklären, ob er ausschließen kann, dass es zu Kürzungen beim Arbeitslosengeld, den Pensionen, den Agrarförderungen, beim Kindergeld oder der Familienbeihilfe kommt. Konkreter nachgefragt wird, ob die Kindergeld-Varianten zusammengestrichen werden und ob die 13. Familienbeihilfe fällt.

Ferner wird der ganze Steuerbereich abgefragt, also ob Vermögenszuwächse stärker besteuert werden sollen, eine Erhöhung der Tabaksteuer kommt, ob die Mehrwertsteuer steigt, die Grundsteuer erhöht wird, die Einheitswerte angehoben werden, die Ökosteuer aufkommensneutral gestaltet wird und vieles mehr.

Dauerbrenner Schule

Der Dauerbrenner Schule findet sich ebenfalls im Fragen-Konvolut. "Wird eine zentrale Lehrerpersonalhoheit des Bundes oder eine dezentralisierte für die Länder Teil des Budgetentwurfes bzw. des Begleitgesetzes sein?" heißt es da etwa. Zudem soll Pröll sagen, was er von mehr Arbeitszeit für Lehrer hält. Bei den Unis hat der Finanzminister zu erläutern, ob er die Basisbudgets zu erhöhen gedenkt und ob er vorhat, mit Deutschland in Verhandlungen über Ausgleichszahlungen für Studenten aus dem Nachbarland zu treten.

Die Grünen planen mehrere Aktionen gegen die Regierung. "Lügenfinanzminister" Josef Pröll (ÖVP) wird mit einem Antrag zur Wiederherstellung der Verfassungskonformität und einem Misstrauensantrag bedacht und die SPÖ darf über ihr eigenes Sieben-Punkte-Programm zur "Reichen-Besteuerung" abstimmen. Die Grünen werden das rote Steuermodell "Wort- und Beistrich-ident" als Antrag einbringen, kündigte der Grüne Vize-Klubobmann Werner Kogler bei einer Pressekonferenz am Dienstag an.

Grüne lassen SPÖ über eigene Forderungen abstimmen

Kogler forderte die Abgeordneten von SPÖ und ÖVP auf, bei dem "geplanten Verfassungsbruch" der Regierung, die das Budget 2011 nicht fristgerecht dem Parlament vorlegen will, "nicht Schmiere zu stehen", sondern ihren Eid auf die Verfassung einzuhalten. Gerade weil Wahlen bevorstehen, müsse die Regierung die Karten offen legen und die Bevölkerung nicht weiter belügen, so Kogler. Um die SPÖ einmal mehr der "Wahllüge" zu überführen, werden die Grünen die von den Sozialdemokraten vorgeschlagenen "sieben Punkte" - u.a. Bankenabgabe, Vermögenszuwachssteuer und Reform der Stiftungssteuern - zur Abstimmung bringen.
Das BZÖ unterstellte der Bundesregierung auf einer Pressekonferenz eine "beispiellose Lügenattacke" aufgrund der Budget-Verschiebungen. Er ist für eine Sondersitzungsserie, damit Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) alle der in Summe etwa 200 Fragen an ihn beantworten kann. Eine Blockade von Gesetzen, die eine Zwei-Drittel-Mehrheit und damit die Opposition benötigen, hält BZÖ-Obmann Josef Bucher derzeit nicht für angebracht.

Von Hypo über Skylink bis zu den Haiderkonten

Bucher kündigte ebenfalls einen Misstrauensantrag gegen den Finanzminister an und einen Untersuchungsausschuss-Antrag zu den Politaffären an. In diesem sollen nicht weniger Fälle als die Kommunalkredit, Hypo Niederösterreich und Hypo Kärnten, Skylink am Flughafen Wien, die SPÖ-Stiftung, das Olympische Komitee, Parteien- und Wahlkampffinanzierungen aber auch die angeblichen Konten des verstorbenen Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider (BZÖ) in Liechtenstein untersucht werden. Wenn Rot und Schwarz diesem Antrag nicht zustimmen, sollten sie "augenblicklich den Mund halten" und keine weiteren Vorwürfe gegen das Bündnis in Umlauf bringen, meinte Bucher.

Der Grüne Kogler warf dem BZÖ vor, den Ausschuss von Beginn "umbringen zu wollen", in dem sie ihn mit unzähligen Untersuchungspunkten "zumüllen". Immerhin seien FPÖ und BZÖ "auf der Anklagebank fett vertreten". Vor allem FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und seine "Gaunertruppe in Kärnten" hätten Erklärungsbedarf, denn "die Partei der Anständigen und Tüchtigen" habe sich als "Partei der Abzocker und Flüchtigen" entpuppt, so Kogler.

Pilz will Buwog-Privatisierungen zum Thema machen

Der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz ging vergangene Woche davon aus, dass der Untersuchungsausschuss "nach den Selbstanzeigen von BZÖ und FPÖ in Form von U-Ausschuss-Anträgen" noch vor der Wien-Wahl beschlossen wird. Auch seine To-Do-Liste ist lang. Er will die Buwog-Privatisierung sowie Zahlungen durch Glücksspielkonzerne in Richtung Parteien, Verleihungen von Staatsbürgerschaften, Zahlungen im Zusammenhang mit Bauaufträgen, Geldflüsse von ausländischen Machthabern und schließlich sämtliche Vertragsverhältnisse u.a. mit den Lobbyisten Peter Hochegger und Walter Meischberger untersucht wissen. Pilz sprach angesichts der zahlreichen Politaffären davon, "dass politische Trickdiebe unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel die Republik geplündert haben".  (APA/red)