Salzburg - Für Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) gibt es in Österreich eine Verwaltungsebene zu viel. Sie möchte die Bezirkshauptmannschaften abschaffen, oder wenigstens in größeren Regionen zusammenfassen. Prammer greift damit einen Vorstoß des steirischen Landeshauptmannes Franz Voves (SPÖ) auf, der die Bezirkshauptmannschaften der Steiermark zu sieben "Regionalzentren" zusammenlegen will. Details, wie das mögliche Einsparungspotential oder gar einen Zeitplan, bleiben freilich Prammer wie Voves schuldig.

Fachleute in Sachen Verwaltungsmanagement, wie der Geschäftsführer des 1969 vom Städtebund gegründeten Kommunalwissenschaftlichen Dokumentationszentrum, Peter Biwald, können der Idee, größere Einheiten zu schaffen, durchaus etwas abgewinnen. Und das nicht nur aus Kostengründen. Kleinere BHs mit nur rund 25.000 Einwohnern würden vielfach über zu wenig Personal verfügen. Darunter leide - beispielsweise mangels Urlaubsvertretungen - auch die Qualität der Arbeit für den Bürger.

Und auch wenn von Seiten der ÖVP vor der "Zerschlagung funktionierender und effizient arbeitender Strukturen" (die Salzburger VP-Landtagsklubchefin Gerlinde Rogatsch) gewarnt wird: Die Einteilung Österreichs in 84 Bezirkshauptmannschaften stamme großteils aus einer Zeit, wo der Behördenweg mit Kutsche oder Pferd in einem Tag machbar sein sollte, erläutert Verwaltungsforscher Biwald.

Für den Außenstehenden präsentiert sich die Verwaltungsebene BH als echter Dschungel. Zusätzlich zu den 84 Hauptmannschaften gibt es in Österreich noch 15 Statutarstädte, die die BH-Aufgaben für ihren Wirkungsbereich abdecken. Und dann noch Wien: Hier sind die magistratischen Bezirksämter für Teile der BH-Agenden wie etwa das Meldewesen verantwortlich. Dazu kommt noch: Neben den vom Bund zugeteilten Aufgaben wie beispielsweise Passwesen, Sicherheitsbehörde, Gewerbeangelegenheiten oder aktuell die Mindestsicherung kommen auch noch diverse Landesaufgaben hinzu. In Oberösterreich etwa ist die BH für die Gemeindeaufsicht zuständig, in Salzburg liegt diese direkt beim Land.

Die BH auf Facebook

Das Sparpotential ist jedenfalls erheblich. Verwaltungsexperte Biwald schätzt, dass durch die "Optimierung von Prozessen" - etwa wie im Burgenland durch die Abschaffung von Komissionen, die die soziale Bedürftigkeit von Antragstellern beurteilen - bis zu sieben Prozent an Kosten wegfallen würden. Als Muster-BH in Sachen Sparsamkeit und Bürgernähe gilt in Österreich Zell am See. Und das nicht nur weil Bezirkshauptfrau Rosmarie Drexler auf einen Chauffeur verzichtet. Im Pinzgau sind von 105 möglichen Planstellen aktuell nur 95 besetzt. Drexler hat das Amt völlig umgekrempelt und führt es nach modernen Managementgrundsätzen: Viel Eigenverantwortung der Mitarbeiter und "weg von der Befehlskultur" .

Drexler begreift das Amt in erster Linie als Serviceeinrichtung: Neuigkeiten wie etwa Baustellen- und Verkehrsinfos gibt es seit kurzem auch via Facebook. Was von der Politik und Teilen der Beamtenschaft nicht immer gerne gesehen wird, hat ihr schon internationalen Ruhm eingebracht. 2004 erhielt die BH Zell am See denPublic Service Award der Vereinten Nationen. Titel der Präsentation in New York: "Mehr als eine Behörde."(Thomas Neuhold, DER STANDARD, Printausgabe, 25.8.2010)