Der Wiener Andi Dvorák betreibt das Label Fettkakao seit fünf Jahren. Anfang September veranstaltet er unter dem Titel "Festkakao" eine zehntägige Jubiläumsreihe im Rhiz, in der Arena und in zwei Wiener Galerien.

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Anfang September feiert das Wiener Label sein fünfjähriges Bestehen mit einem zehntägigen Fest.

Wien - Eine Portion Wahnsinn ist immer dabei. Gepaart mit missionarischem Eifer ist sie Voraussetzung, um in Zeiten der Musikindustriekrise ein eigenes Label zu gründen. Im Unterschied zu den großen, als Geldmaschinen gedachten Verlagen, überwiegt bei den kleinen ein Idealismus, der die Mühe rechtfertigt. So sind Labels wie Asinella, Siluh, Seayou, Monkey, Ink, Fettkakao und andere entstanden. Sie haben dazu beigetragen, dass die nostalgische Musikstadt Wien nach dem Wirbel um elektronische Musik in den 1990ern auch in den Nullerjahren ein zeitgenössisches Antlitz verpasst bekam.

Das Einmann-Label Fettkakao feiert Anfang September fünfjähriges Bestehen mit seiner 20. Veröffentlichung und dem zehntägigen Fest "Festkakao". Betreiber ist Andi Dvorák, 30, helles Sommerhemd, properer Kleinwagen. Nur die zerrissene Jean und der wenig alltägliche Bartwuchs zerschlagen die Sachbearbeitervermutung.

Dvorák ist im Brotberuf Konzertveranstalter für die Wiener Arena. Als Labelboss betreut und verlegt er Bands wie Sex Jams, Vortex Rex, Lonely Drifter Karen, das Stimmgewitter Augustin und andere, die ein Programm abdecken, das vom Grunge-Rock über Elektro-Pop bis zum Singer-/ Songwritertum reicht. Träumt man als Kleinstlabel manchmal von einem Hit? Dvorák: "Ich wüsste gar nicht, wie ich damit umgehen würde!"

Die meisten Bands kommen aus seinem persönlichen Umfeld oder werden diesem eingemeindet, persönliche Beziehung spielen für Dvorák eine ebenso wichtige Rolle wie der soziale Anspruch seiner Publikationen. Das zeitigt einen offenen Regionalismus, der die Instrumente der Globalisierung benutzt. Warum macht man trotz leicht gemachter Internetauftritte dann doch ein Label? "Im Internet kann man zwar schnell einmal etwas hochladen und so dafür sorgen, dass es Leuten zugänglich ist. Das ist gut. Aber es fehlt der Rahmen, die besondere Form. Das mache ich mit dem Label. Visuelle Kunst ist dabei sehr wichtig. Die Coverart ist mit ein Grund, ein Label zu machen. Mit dem Regionalen ist das auch so ein Aspekt. Ich will nicht nur Wiener Sachen präsentieren, aber ich lebe hier und habe ein Naheverhältnis zu den ganzen Leuten. Darum geht's."

Ohne höhere kommerzielle Zielsetzungen veröffentlicht der Mann einen Gutteil seines Katalogs auf Vinyl. "Eine Produktion ist teuer, und eine CD genießt in meinem Umfeld nicht den Stellenwert wie eine Schallplatte. Vinyl bedeutet Liebhaberei. Auch junge Leute, die Musik eher via MP3s konsumieren, scheinen, wenn sie einen physischen Tonträger kaufen, eher zum Vinyl zu greifen. Es ist wie ein Katalog zu einer Ausstellung."

Wichtige Förderungen

Die Aufmerksamkeit, die er mit seinen meist nur wenige hundert Stück umfassenden Auflagen genießt, reicht nach fünf Jahren immerhin bis Deutschland, in die Slowakei oder nach Tschechien, wo Fettkakao-Bands touren oder zu Festivals eingeladen sind. Profit ist dennoch kein Thema, dieser sei lediglich kultureller Natur, ein aus dem Austausch entstehender.

Erleichtert wird das Wirken des Labels durch Förderungen wie jene des SKE, der sozialen und kulturellen Einrichtungen der Urheberrechtsgesellschaft Austro Mechana. Gearbeitet wird aus den eigenen vier Wänden heraus. Dort ist einst auch der Labelname entstanden, als eine Mitbewohnerin, Dvoráks Angewohnheit, Kakao mit Margarine zu versetzen, mit der Wortschöpfung Fettkakao versah.

Dvorák grinst, und aus dem Rauschebart tönt es: "Fett ist ja ein Geschmacksträger." (Karl Fluch / DER STANDARD, Printausgabe, 26.8.2010)