Nach dem Stolperstart zum Jahreswechsel und einer Serie außenpolitischer Kommunikations- und Strategiepannen im Frühjahr jetzt ein massiver Vertrauensbruch gegenüber dem Europäischen Parlament: Dieses eher undiplomatische "Kunststück" vorzuführen, droht ausgerechnet Europas Chefdiplomatin, die erste gemeinsame EU-Außenministerin Catherine Ashton, an.

Wenn stimmt, was soeben in Brüssel zum neuen diplomatischen Dienst der EU durchgesickert ist, wollen die von Briten und Franzosen dominierten Stäbe Ashtons allen Ernstes einen Apparat aufbauen, in dem neun von zehn Diplomaten Männer sind - und in dem Europa in der Welt von Botschaftern vertreten wird, die zu 98 Prozent aus den "alten" EU-Staaten stammen.

Das ist eine echte Provokation gegenüber den neuen EU-Ländern aus Osteuropa. Zum Vertrauensbruch gegenüber den Abgeordneten wird es deshalb, weil die Außenministerin Anfang Juli vor dem Plenum unter Applaus geschworen hat, penibel auf Interessenausgleich zu achten: zwischen Regionen ebenso wie zwischen Geschlechtern. Nur deshalb haben die Mandatare ihren Organisationsplänen zugestimmt. Über Personal und Budget sollte eigentlich im September abgestimmt werden. Aber mit solchem Vorgehen gefährdet Ashton selber den zeitgerechten Start der neuen EU-Diplomatie. Verhältnisse, wie sie nun offenbar einzementiert werden sollen, wären einfach unerträglich. (Thomas Mayer/DER STANDARD, Printausgabe, 26.8.2010)