Brüssel - Erstmals in der Geschichte der EU treffen die Regierungsspitzen Deutschlands, Frankreichs, Belgiens und Luxemburgs am Dienstag zu einem "Verteidigungsgipfel" in Brüssel zusammen. Das exklusive Spitzengespräch ist bereits im Vorfeld von anderen EU-Partnern und im Europäischen Parlament heftig kritisiert worden. Einige sehen darin den Versuch der "Kriegsgegner", sich von der Irakpolitik der USA zu distanzieren, andere befürchten bewusst ausgegrenzt zu werden.

Auf Initiative des belgischen Premiers Guy Verhofstadt wollen Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac, der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder und der luxemburgische Premier Jean-Claude Juncker über eine engere Zusammenarbeit im militärischen Bereich, die Einrichtung einer europäischen Beschaffungsagentur für Rüstungsgüter sowie zivile Kriseneinsätze beraten, teilte das belgische Außenministerium am Freitag mit. Gedacht werde auch an die Einrichtung eines "stehenden Hauptquartiers" der EU bei Brüssel.

Verhofstadt wolle mit seiner Initiative einen "Kern" engagierter Länder dazu bewegen, bei der Entwicklung einer europäischen Verteidigungspolitik voranzugehen, hieß es in Brüssel. Eine solche "verstärkte Zusammenarbeit" einer "Koalition der Willigen" ist im Verteidigungsbereich derzeit nicht in den EU-Verträgen vorgesehen.

Der Vorschlag war unmittelbar nach Beginn des Irakkrieges bei einem EU-Gipfel am 20. März in Brüssel publik geworden und damals vielfach als Affront der Kriegsgegner gegen die britisch-amerikanische Kriegskoalition aufgefasst worden.(APA/DER STANDARD, Printausgabe, 28.4.2003)