Den MP3 Hybrid gibt es nur in perla-weiß.

Foto: Hersteller

Unter der Sitzbank und einer Abdeckung steckt der Li-Ionen-Akku.

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Der Antrieb des MP3 Hybrid.

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Den Dr. Redl hab ich ja schon öfter beneidet. Meist wegen seiner Fahrkünste. Stammleser erinnern sich, wie er die Trials und Enduros durch die Luft wirft, als wären sie Flugzeuge. Oft hab ich ihn wegen seiner Werkstatt beneidet. Die hat er sich nämlich kommod im Wohnzimmer eingerichtet. Neben dem Couchtisch stehen seine Motorräder, die er selbst serviciert - während aus der Stereoanlage Bluesgrößen ihr Leid klagen. Und es kann schon passieren, dass man erst den Kupplungsdeckel und den Luftfilter auf die Seite räumen muss, wenn man sein Bier abstellen will.

Für den Piaggio MP3 Hybrid hätte er locker noch Platz, man müsste halt den Kompressor ein wenig weiter zur Werkbank stellen. Dann wäre auch die Steckdose frei, die man braucht, um den Akku des Hybrid zu laden. In rund zwei Stunden von null auf hundert Prozent. In meiner Garage geht das nicht. Die einzige Dose, die ich dort habe, ist eine Sparbüchse, die ich Fuhrpark nenne.

Laden beim Fahren

Um Strom in den Akku des MP3 zu kriegen, muss ich fahren. Dann lädt der 125er-Motor den Akku. Langsam aber doch. Nicht nur der Waldspecht ernährt sich mühsam. Den Spritverbrauch kann man so auch nicht um die Hälfte senken, weil ja der Strom, der beim Sparen hilft, aus dem Fossil-Akku kommt.

Obwohl, so wird die Energie, die durch den Motor an der roten Ampel entsteht, wenigstens sinnvoll genutzt. Stopp-Start-Automatik hat der MP3 Hybrid nämlich keine. Aber seien wir nicht unbescheiden. Wer hätte gedacht, dass es gerade Piaggio-Techniker sind, die als Erste ein Hybrid-Motorrad bauen.

Im reinen Elektromodus schafft der MP3 maximal 30 km/h und das angeblich zwanzig Kilometer weit. Überprüfen konnte ich das nicht, weil ich es nie geschafft habe, den Akku voll aufzuladen. Werkeln beide Motoren, überspringt man auch gerade noch die 100er-Schallmauer. Im Doppel-Modus hat man den Eindruck, auf einer 250er zu sitzen. Zumindest was die Beschleunigung angeht.

Der Antrieb

Der 125er-Motor ist jener, der auch in jeder Vespa oder im gewöhnlichen 125er-MP3 verbaut wird. Er leistet 15 PS und hat ein Drehmoment von 16 Newtonmeter. 15 Newtonmeter und 3,6 PS schießt der Elektromotor zu. Klingt nicht nach viel Leistung, aber da erkennt man, wie wichtig Drehmoment ist.

Wenn es um die Fahreigenschaften geht, hat der Hybrid gegenüber seinen Verbrennungs-Schwestern die Nase hinten. Durch den 14 Kilogramm schweren Lithium-Ionen-Akku und die zusätzliche Technik ist der Hybrid ein Eck schwerer als der normale 125er-MP3. Das wahre Handicap ist aber, dass der Akku direkt unter der Sitzbank steckt - das zusätzliche Gewicht also recht hoch oben ist. Beim Einlenken in Schräglagen, bei denen der Hauptständer sein kreischendes Lied singt, hat man das Gefühl, als würde ein Kobold mit der Statur eines Bud Spencer beim Umlegen helfen. Daran gewöhnt man sich zwar rasch, aber im ersten Kreisverkehr hört man wegen der eigenen Beterei nicht, wann der MP3 aufsetzt.

Die Vorteile des MP3 mit seinen zwei Vorderrädern bleiben aber. Keine Rutscher auf Kanaldeckeln oder Schienen, kein Füße runterstellen an der Ampel, wenn man die Arretierung des Vorderbaus beherrscht, und Leute, die anerkennend mit dem Finger auf einen zeigen. Ja, sogar auch auf mich. Auch wenn nur der Roller gemeint ist.

Rückwärtsgang statt Stauraum

Kleiner Nachteil der Akku-Technik: Der Stauraum unter der Sitzbank kann neben dem Kabel grad noch einen Putzfetzen aufnehmen. Der Kofferraum im Heck bleibt aber, nur dass man dort keinen Helm hineinbringt. Vorteil des Hybrid: Er hat einen Rückwärtsgang. Den braucht man zwar nicht unbedingt, aber praktisch ist es dann ab und an ja doch.

Wer eine Steckdose in der Garage hat - oder seine Motorräder, wie der Dr. Redl im Wohnzimmer abstellt, sollte sich den MP3 Hybrid überlegen. Auch wenn es ein wenig dauert, bis man den aktuellen Aktionspreis von 8.999 Euro durch die Spritsparerei wieder herinnen hat.