Aufsicht und Kontrolle der Finanzmärkte sind in der EU auf Schiene. Um die Besteuerung der Banken wird weiter wild gestritten. Die EU-Kommission setzt auf Maßnahmen Schritt für Schritt. Anfang 2011 soll das System stehen.

***

Straßburg/Brüssel - Noch in diesem Herbst soll die Union ein ganzes Paket von weiteren gesetzlichen Maßnahmen zur Regulierung und zur Kontrolle der Finanzmärkte auf den Weg bringen. Seine Behörde werde daher schon am 29. September entsprechende Vorschläge auf den Tisch legen, um etwa den Missbrauch mit ungedeckten Leerverkäufe auch auf Unionsebene zu verbieten, wie das Deutschland bereits gemacht hat. Dies betonte Kommissionschef José Manuel Barroso am Dienstag bei seiner Rede zur "Lage der Union" im Europäischen Parlament in Straßburg.

Seine Behörde vertrete die Linie, dass Banken für ihr Versagen einstehen müssen, dass kurzfristige Bonuszahlungen unterbunden werden, wenn langfristig Verluste drohten. Auch zur Regulierung von Credit Default Swaps (CDS), Kreditversicherungen, die maßgeblich zur Bankenkrise beitrugen, werde es Vorstöße geben, ebenso zu klareren Regeln für Derivate und Ratingagenturen. Generell müsse es das Ziel sein, den Finanzsektor in Europa grundlegend zu erneuern, mit Wirksamkeit zu Jahresanfang 2011.

Barrosos Erklärungen erfolgten vor dem Rückenwind, dass auf Druck des EU-Parlaments bereits neue Bonuszahlungsregelungen im Banken- und Versicherungsbereich vereinbart wurden, die bereits in Kraft sind.

Kotrolle

In Brüssel machten die EU-Finanzminister am Dienstag ebenfalls einen großen Schritt zur Kontrolle des Finanzsektors, indem sie das von Kommission, Parlament und EU-Ratspräsidentschaft (die die Regierungen vertritt) ausgehandelte Paket zumindest "informell" absegneten. Nur Großbritannien formulierte noch Einwände in Bezug auf die Durchgriffsrechte der neuen EU-Kontrollbehörden unter dem Dach der Europäischen Zentralbank.

Wie berichtet, soll die Aufsicht für Banken mit Sitz in London, jene für Versicherungen in Frankfurt, und jene für die Börsen in Paris mit Jahreswechsel ihre Arbeit aufnehmen. Laut Finanzminister Josef Pröll sei eine monatelange Debatte damit beendet. Das "risk board" zur Überwachung systemischer Risken werde seine Arbeit zeitgerecht aufnehmen können.

Nach wie vor uneinig sind die EU-Finanzminister beim Thema Finanztransaktionssteuer (FTS). Barroso sprach sich zwar für eine Steuer auf Finanzaktivitäten aus. Darunter wird aber gemeinhin eine Abgabe auf Erträge der Finanzbranche verstanden. Die FTS besteuert hingegen sämtlich Umsätze im Aktien-, Devisen- oder Derivatehandel. Die Bemessungsgrundlage und damit das Aufkommen ist somit bei der FTS viel größer als bei der alternativen Abgabe, die vom Währungsfonds angeregt wurde.

Zuletzt hatte sich der zuständige Steuerkommissar gegen die Einführung einer Finanztransaktionssteuer ausgesprochen. Er befürchtet Preisausschläge und eine Verteuerung von Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktfinanzierung. Unter den Mitgliedsstaaten sind Großbritannien und Schweden die größten Gegner.

Bei der Bankensteuer spießt es sich vor allem an der Verwendung der Einnahmen. Deutschland hat eine Bankensteuer bereits beschlossen und will damit einen Krisenfonds speisen. Österreich will im Herbst ebenfalls die Bankensteuer verankern und mit den Einnahmen von 500 Mio. Euro das Budgetdefizit senken.

Keine Lösung in Sicht

Eine Lösung zeichnet sich noch lange nicht ab, die große Mehrheit der Staaten forciert die Bankensteuer, hieß es Dienstag in Brüssel. Der zuständige Kommissar Michel Barnier will demnächst Vorschläge präsentieren, die garantieren sollen, dass nationale Bankensteuern den Wettbewerb der Banken im Binnenmarkt nicht stören. Allerdings gibt es mehrere Länder, die eine derartige Abgabe dezidiert ablehnen. Zudem befürwortet Barnier den Transfer der Erträge in einen Krisenfonds, die Mitgliedsstaaten wollen sich tendenziell dazu keine Vorschriften machen lassen. (Thomas Mayer, DER STANDARD, Printausgabe, 8.9.2010)