Der Karl-Marx-Hof ist für viele der Inbegriff des Roten Wien. Im Oktober wird der Bau 80 Jahre alt. derStandard.at sprach mit Bewohnern.

Der Karl-Marx-Hof gilt als der bekannteste Wiener Gemeindebau und auch heute noch als Symbol des "Roten Wien". Zwischen 1927 und 1930 erbaut, wurde er damals als gesellschaftspolitisches Experiment gesehen.

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Heute ist der Gebäudekoloss Wohnort von etwa 5.000 Menschen. Die Spielflächen und Wiesen, die es in dem Gemeindebau zu Genüge gibt, werden häufig benutzt.

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"Jeden Tag nach der Schule kommen wir hierher und spielen Fußball. Am Nachmittag gehen wir schnell hoch, trinken und essen etwas, und spielen dann gleich wieder weiter", so ein junger Karl-Marx-Bewohner der gerade mit ein paar anderen Jugendlichen kickt.

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"Es ist ganz egal, mit wem wir spielen. Immer die, die gerade da sind." Am Hof verstehe man sich mit allen Kindern und Jugendlichn gut. "Was blöd ist, ist dass wir nach acht Uhr am Abend nicht mehr spielen dürfen."

Auf die Frage ob die jungen Bewohner einmal wo anders wohnen wollen, kontern gleich mehrere von ihnen mit einem klaren: "Nein - Ich will hier bleiben."

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Von dem Bau, der sich über einen Kilometer erstreckt und eine Fläche von insgesamt 156.000 Quadratmeten hat, sind 80 Prozent Grünflächen und Spielplätzen gewidmet.

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Auf den breiten Gehwegen im Hof gehen ein paar Damen mit ihren Hunden durch den Gemeindebau spazieren. "Seit über 30 Jahren wohne ich schon hier und will nicht mehr wo anders wohnen", so eine von ihnen. Was ihr so gut an dem Karl-Marx-Hof gefällt, seien die großen Grünflächen und die vielen Geschäfte. Den Gemeindebau verlässt sie aus diesem Grund nur selten.

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Zur Infrastruktur des Gemeindebaus zählen unter anderem Gemeinschaftseinrichtungen wie Waschsalons, Kindergärten, verschiedene Lokale sowie eine Arztpraxis. Ein eigener Nachbarschaftsservice unterstützt die Bewohner und deren Umgang miteinander.

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Frisch eingezogen ist Frau Hadek. Vorher habe sie abgeschieden am Rand von Wien gewohnt, zwischen "Eichhörnchen und Vogerln", wie sie sagt. In ihrem neuen Wohnumfeld sei es lauter und lebendiger, was ihr gefällt. Sie fühle sich wohl hier am Karl-Marx-Hof, die vielen älteren Menschen finde sie "sehr höflich".

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"Als ich vor ein paar Monaten hier eingezogen bin, hat mir meine Nachbarin einen Dosenöffner einfach so ausgeliehen" erzählt Frau Hadek, die von der Offenheit ihrer Nachbarn schwärmt. "Wenn du hier nett zu den Leuten bist, sind sie auch nett zu dir. So einfach ist das hier am Karl-Marx-Hof".

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Die Nachbarin von Frau Hadek erklärte ihr auch, dass sie bei Rohrbrüchen keinen Installateur anzurufen braucht. "Wir haben hier so viele Handwerker bei uns wohnen. Fragen's doch einfach einen von denen".

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Der Waschsalon des Karl-Marx-Hofes ist oft ein Ort, wo die Bewohner miteinander ins Gespräch kommen und auch über ihre "Stadt in der Stadt" diskutieren.

Unter den drei Damen, die sich heute zwischen den Waschmaschinen gefunden haben, ist negative Stimmung herauszuhören. "Ich ziehe lieber heute aus als morgen", so eine aufgebrachte Bewohnerin.

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"Das ganze G'sindel was hier jetzt wohnt. Aber nicht, dass Sie jetzt glauben die Ausländer, nein! Die österreichischen Jugendlichen sind das G'sindel, die den ganzen Tag nur im Hof sitzen und in der Nacht Lärm machen", ärgert sich die Frau. Und schimpft weiter: "Die Jugos und die Türken bemühen sich und gehen arbeiten. Und das ganze G'sindel was wir da haben, die landen sowieso einmal im Häfn". (Arian Lehner, derStandard.at, 9. 9. 2010)

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