In Deutschland ist es schon recht weit verbreitet, anderswo sind noch die Pioniere am Werk: Das gemeinsame Bauen mit Freunden und/oder Gleichgesinnten im Rahmen so genannter "Baugruppen" könnte nun aber auch in Österreich langsam in Schwung kommen.

Einige realisierte Projekte des gemeinschaftlichen Planens gibt es freilich auch hierzulande bereits, etwa die "Sargfabrik" in Wien oder zwei Objekte der Gemeinschaft B.R.O.T. (Anm.: steht für "Beten, Reden, Offensein, Teilen" und ist ein Verband mit "christlich-sozialen Wertvorstellungen") in Hernals und Kalksburg. Auch die Frauenwohnprojekte "ro*sa" in Donaustadt und im Kabelwerk zählen zu den Austro-Pionieren in Sachen gemeinschaftlichen Wohnbaus.

Gemeinschaftliches Seestadt-Bauen

Nun soll auch in der künftigen "Seestadt Aspern", die am ehemaligen Flugfeld in Wien-Donaustadt gebaut wird, die eine oder andere Parzelle dafür reserviert werden. Eine Option darauf besteht zumindest einmal bis Jahresende, erklärt Petra Hendrich von "parq", einer Plattform für Baugruppen, im Gespräch mit derStandard.at. Drei Gruppen wurden initiiert, und zwar vom oben erwähnten Verband B.R.O.T., dann das Projekt "Seestern" unter Federführung von "parq" sowie "ja:spern" von POS architecture (Links siehe unten).

Die drei Gruppen suchen noch fieberhaft nach Teilhabern – schließlich droht das Aus, falls sich nicht genügend Leute finden. Die Grundstücke würden diesfalls anderen Bauträgern zur Verfügung gestellt werden.

Nicht unter zehn

Eine Baugruppe sei hervorragend dazu geeignet, Wohnen und Arbeiten unter ein Dach zu bekommen, so Hendrich. Die Baugemeinschaft – im Fall der Seestadt mit jeweils mindestens zehn Teilnehmern, darunter sei es nicht wirtschaftlich – entscheide nämlich selbst über die Architektur des Hauses, inklusive der Grundrisse und damit der Flächenaufteilung der einzelnen Wohnungen. Ein Vorteil einer Baugruppe ist außerdem, dass der Wunsch nach den eigenen vier Wänden wegen der geringeren Grundkosten auch in etwas urbaneren Gebieten leistbar ist – man muss also das Eigenheim nicht auf die vielzitierte "grüne Wiese" stellen.

Dass beim gemeinschaftlichen Bauen ausschließlich Wohnraum im Eigentum entsteht, ist grundsätzlich auch keine Notwendigkeit, so Hendrich. Es sei auch möglich, dass mehrere Personen einen Verein bilden, der dann als Bauträger auftritt. Genaue Regeln und anwaltlicher Beistand sind in jedem Fall nötig, ist doch ein etwaiger späterer Ein- oder Austritt alles andere als unproblematisch. Für Eigentumsprojekte ist von der Rechtsform her ebenfalls ein Verein oder eine Gesellschaft denkbar.

Treffen

Die "Initiative für gemeinschaftliches Bauen und Wohnen", der die drei Seestadt-Gruppen angehören, hat diesen Herbst zum "Heißen Herbst der Baugemeinschaften" gekürt. Am kommenden Freitagabend (10. September) findet in den Räumlichkeiten der IG Architektur eine offene Diskussion zum Thema "Warum gemeinschaftliches Wohnen?" statt, an der auch Bewohner bereits bestehender Baugemeinschaften teilnehmen werden. Hier können Interessierte auch gleich entsprechende Kontakte schließen – bis hin zum sofortigen Beitritt zu einer Baugemeinschaft, sofern die Chemie stimmt. (Martin Putschögl, derStandard.at, 8.9.2010)